Nukleinsäuren: Das Zeug aus dem das Leben ist

In der organischen Chemie dreht sich alles um Kohlenstoff. Denn Kohlenstoff ist das Zeug, aus dem das ganze organische Zeug besteht. Um zu beschreiben, wie sich Kohlenstoffe und andere Atome zu Molekülen zusammenfügen, verwendet man diverse Strukturformeln. Die Skelettformel haben wir im letzten Text kennengelernt. Und wir haben erfahren, was Kohlenwasserstoffe sind. Ziemlich produktiv für einen Text, würde ich sagen.

Heute wollen wir unser Wissen über Strukturformeln ein wenig erweitern und uns außerdem anschauen, was Nucleinsäuren sind und wo man sie findet.

Die Frage nach dem Fundort einer Nucleinsäure ist relativ einfach zu beantworten: Jedes uns bekannte Lebewesen besteht aus mindestens einer Zelle. Eine Zelle ist, salopp gesagt, ein zum Platzen gefüllter Klumpen Fett. Gefüllt ist diese Zelle mit diversen Organellen (praktisch dem zellulären Äquivalent zu unseren Organen), von dem wir einige im Laufe der nächsten Wochen genauer betrachten werden. Gefüllt ist die Zelle außerdem mit einer Flüssigkeit[1], dem Cytoplasma. Und in diesem Cytoplasma findet man die DNA, die dort in der weltbekannten Doppelhelix vorliegt.

 

 

By DNA simple2.svg: Forluvoft derivative work: Leyo (DNA simple2.svg) [Public domain], via Wikimedia Commons
By DNA simple2.svg: Forluvoft derivative work: Leyo (DNA simple2.svg) [Public domain], via Wikimedia Commons
Bei den sogenannten Prokaryoten (Lebewesen ohne Zellkern, sowas wie Bakterien und Archaeen[2]), findet man die DNA tatsächlich einfach im Cytoplasma vor. Bei den Eukaryoten (Lebewesen MIT Zellkern), findet man die DNA in einem entsprechenden Zellkern verpackt, vor.
In unserer DNA haben wir sie dann endlich: Die Nukleinsäuren. Die sind übrigens auch Namensgeber für die DNA, also die „Desoxyribonukleinsäure“. Insgesamt gibt es 5 Nukleinsäuren, von denen 4 am Aufbau der DNA beteiligt sind. Über die fünfte Säure reden wir noch, die spielt in einem anderen Teil der Zelle eine wichtige Rolle. Diese Nukleinsäuren sind zusammengesetzte Moleküle. Sie bestehen aus einem Phosphatteil, einem Zuckerteil, sowie einer Base. Diese Nukleinbasen sind die folgenden 4, die man vielleicht noch aus der Schule kennt:

Das hier ist Adenin.

By NEUROtiker (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons
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Das ist Cytosin

By NEUROtiker (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons
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Hier seht ihr Guanin

By NEUROtiker (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons
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Und den Abschluss bildet Thymin

By NEUROtiker (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons
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Jetzt wird hoffentlich auch klar, warum sich der Auftakt der Reihe mit Skelettformeln beschäftigt hat. Genau diese Schreibweise wird verwendet, um die Nukleinbasen darzustellen. Man hat mal wieder darauf verzichtet, die Kohlenstoffatome einzeln aufzulisten, aber auch bei den Nukleinbasen beinhalten sämtliche Eckpunkte, an denen kein anderes Element steht, Kohlenstoff. Doppelte Striche simulieren hier auch wieder Doppelbindungen, O steht wieder für Sauerstoff, N für Stickstoff und H heißt Wasserstoff.
In unserer DNA paaren sich Guanin und Cytosin, sowie Adenin und Thymin miteinander. Diese Paarung geschieht über sogenannte Wasserstoffbrücken. Bevor wir also mit Gentechnik weitermachen, gibt es einen kleinen Exkurs zum Thema Wasserstoffbrücken:

H2O. Diese Formel kennt wohl jeder. Denn H2O ist Wasser. Jedes Wassermolekül besteht aus einem Sauerstoffatom, an das zwei Wasserstoffatome gebunden sind. Wie und warum sich Atome aneinander binden, klären wir in einem anderen Text. Für das Verständnis von Wasserstoffbrücken vereinfachen wir jetzt ein bisschen:
Das Sauerstoffatom will sich nicht nur mit den beiden Wasserstoffatomen binden, es will ihre Elektronen am liebsten ganz für sich alleine haben. Die Wasserstoffatome wehren sich zwar dagegen, aber der Sauerstoff setzt sich durch. Die Elektronen des Wasserstoffs gehören jetzt dem Sauerstoff. Zumindest zum größten Teil. Das hat aber zur Folge, dass der Sauerstoff mehr Elektronen als Protonen hat, also „partiell negativ“ geladen ist. Der Wasserstoff hat sein Elektron aber zum größten Teil an den Sauerstoff verloren, hat also praktisch nur ein Proton, also eine „partiell positive“ Ladung. Partiell nennt man diese Ladungen deshalb, weil das Elektron des Wasserstoffs eben nicht komplett dem Sauerstoff gehört, sondern eben nur zum Teil. Es ist ein bisschen wie beim Tauziehen. Die stärkere Seite bekommt mehr vom Seil.
Weil jetzt aber der Sauerstoff eher negativ und der Wasserstoff eher positiv geladen ist, fühlen sich die Wasserstoffatome der Wassermoleküle jetzt von den Sauerstoffatomen anderer Wassermoleküle angezogen. Das führt dazu, dass sich Wassermoleküle gegenseitig anziehen. Ein Phänomen, das als Wasserstoffbrückenbindung bekannt ist.

Bildlich sieht das folgendermaßen aus:

By chris 論 (vectorisation), Raimund Apfelbach (File:Wasserstoffbrückenbindungen Wasser.png) [Public domain], via Wikimedia Commons
By chris 論 (vectorisation), Raimund Apfelbach (File:Wasserstoffbrückenbindungen Wasser.png) [Public domain], via Wikimedia Commons
Diese Wasserstoffbrücken bilden sich aber nicht nur, wenn Wasserstoff und Sauerstoff zusammenkommen. Sie entstehen prinzipiell überall da, wo sich Wasserstoff mit einem anderen Atom verbindet, sofern das andere Atom die Elektronen des Wasserstoffs nur kräftig genug an sich ranzieht.
Aber zurück zum eigentlichen Thema. Denn Guanin und Cytosin, sowie Adenin und Thymin binden sich über solche Wasserstoffbrücken miteinander. Nur sind es da nicht ausschließlich Wasser- und Sauerstoff, die so eine Bindung eingehen, sondern auch Stickstoff und Wasserstoff.

Bei Adenin und Thymin sieht die Bindung der Moleküle so aus:

By Yikrazuul (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons
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Guanin und Cytosin sehen so aus:

By Yikrazuul (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons
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Damit haben wir den wichtigsten Teil unserer DNA kennengelernt. Denn sie besteht nur aus diesen AT, bzw. GC Molekülen, die sich untereinander aufreihen. Wie die Stufen einer Leiter. Warum das so ist und welche Bedeutung diese Aneinanderreihung hat, klären wir in einem anderen Text, der sich damit beschäftigen wird, welche Funktion unsere DNA eigentlich genau hat und wie sie diese Erfüllt.

Wir reden jetzt aber nochmal über eine andere Kleinigkeit. Nämlich darüber, wie diese Basenpaare (also Adenin und Thymin, sowie Guanin und Cytosin) in einem DNA-Strang befestigt sind. Im Moment würden hunderte von Basenpaaren ja einfach ziellos durch den Zellkern, bzw. das Cytoplasma schwimmen.
Das Rückgrat der DNA, in dem die Nukleinbasen fixiert sind, besteht im Wesentlichen aus zwei Dingen. Zum einen wäre da die Desoxyribose und zum anderen ein Phosphatrest. Desoxyribose ist nix anderes als ein ziemlich langer Name für Zucker. Exakt, an den Enden jedes Basenpaares befindet sich ein Zuckermolekül (weshalb wohl auch die meisten meiner Leser so süß sind ;)). An diesem Zuckermolekül befindet sich oben und unten ein bisschen Phosphat, an dem wieder so ein Zucker-Basenpaar-Paket andocken kann. Dieses Spiel wiederholt sich je nach dem, wie viele Nukleinsäuren in so einem DNA-Strang hängen. Im Bild sieht das Ganze dann so aus:

By DNA_chemical_structure.svg: Madeleine Price Ball, User:Madprime derivative work: Matt (DNA_chemical_structure.svg) [CC BY-SA 2.5-2.0-1.0, GFDL or CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons
By DNA_chemical_structure.svg: Madeleine Price Ball, User:Madprime derivative work: Matt (DNA_chemical_structure.svg) [CC BY-SA 2.5-2.0-1.0, GFDL or CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons
Jetzt sind wir auch schon fast wieder am Ende des Textes angekommen. Es bleiben nur noch zwei Dinge zu klären.

Ich habe heute die Begriffe Nukleinbasen und Nukleinsäuren benutzt. Nukleinbasen sind Guanin, Adenin, Tyhmin und Cytosin. Nukleinsäuren sind jeweils die Basenpaare (G und C, sowie A und T), die noch die Zucker- und Phosphatmoleküle beinhalten. Und wenn wir eine ganze Menge Nukleinsäuren untereinander packen, haben wir unsere fertige DNA.
In unserem Zellkern schwimmt aber nicht ein unfassbar langer DNA-Strang rum, nein. Unsere DNA ist nochmal in diverse, kleine Abschnitte unterteilt. Diese Abschnitte nennt man Chromosomen. Der Mensch hat 46 Chromosomen. Würde man alle Chromosomen der menschlichen DNA untereinander legen, hätte man etwa 3,2 Milliarden Basenpaare, die eine Länge von zwei Metern hätten. Diese Menge von DNA befindet sich in jeder unserer Zellen. Damit sie in einen Zellkern passt, der selbst nur wenige Mikrometer groß ist, werden die Chromosomen mithilfe von Proteinen gefaltet und gewendet, zusammengeknäult und so in den Zellkern gepackt.

So. Das Thema Nukleinsäuren wäre damit geschafft. Im nächsten Text reden wir dann über den kleinen Bruder der DNA, die RNA. Im Moment sind die Texte sehr Theorielastig, aber lasst euch nicht entmutigen. Ich möchte erstmal die Grundlagen abdecken, bevor wir uns in das Thema Gentechnik stürzen, aber keine Sorge, bald haben wir das Gröbste geschafft.

[1] Eigentlich ist das Cytoplasma mehr als nur eine Flüssigkeit. Irgendwann reden wir sicherlich noch über den genauen Aufbau, aber für heute soll es genügen, Cytoplasma als Flüssigkeit zu betrachten
[2] Archaeen sind sogenannte „Urbakterien“, die keine stabilen Organellen besitzen, und sich in ihrer RNA deutlich von Bakterien und Eukaryoten unterscheiden. Was die RNA ist, besprechen wir aber im nächsten Text.