Es ist wieder soweit. Seit gestern prallen im Large-Hadron-Collider wieder Teilchen aufeinander. Seit zwei Jahren lag der Teilchenbeschleuniger still, da er für die neuen Kollisionsenergien aufgerüstet werden musste. Mittlerweile wurde diese Energie auf 13 Terraelektronenvolt hochgeschraubt. Man ist also wieder einen Schritt weiter damit, die Essenz der Realität zu entdecken und der Natur ihre Maske zu entreißen, um in das Antlitz Gottes zu blicken (frei nach Dr. Sheldon Cooper).
Gut, zugegeben, diese Superlative sind eventuell ein bisschen übertrieben, aber heute definitiv angebracht. Denn die Experimente, die ab jetzt am LHC durchgeführt werden, sind noch eine ganze Ecke interessanter, als sie es bisher ohnehin schon waren. Der Nachweis des Higgs-Bosons sollte jedem noch in Erinnerung geblieben sein. Was man in den Nachrichten bei dieser Meldung eher selten hörte, ist die Vermutung, dass es nicht nur das eine Higgs-Boson gibt. Im Standardmodell der Teilchenphysik wird ein Higgs-Boson vorhergesagt, das auch gefunden wurde und sich ziemlich genau so verhält, wie man es vorhergesagt hat. Es wird aber vermutet, dass es mehrere Wege gibt, bis zu vier unterschiedliche Higgs-Bosonen zu erschaffen. Auch wenn man schon eines davon gefunden hat, wird man natürlich trotzdem versuchen, Spuren der anderen Higgs-Bosonen zu finden, um zu schauen ob das alles nur eine nette Vermutung ist, oder ob es tatsächlich mehr als ein Higgs-Boson gibt.
ATLAS, der wohl bekannteste Detektor am LHC. Der Name ist wirklich Programm.
Quarks sind die Subatomaren Teilchen, aus denen Protonen und Neutronen aufgebaut sind. Und das Gluon ist ein Elementarteilchen, das dafür zuständig ist, die Protonen und Neutronen im Atomkern zusammenzuhalten. Unmittelbar nach dem Urknall gab es noch nicht viel. Die komplette Materie war im Prinzip unglaublich dicht aufeinander gepackt, alles war extrem heiß und extrem schnell unterwegs. Zu dieser Zeit konnten sich noch keine Atome formen, da die Elementarteilchen aus denen sie entstehen, einfach noch zu schnell unterwegs waren um sich aneinander binden zu können. Man geht davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt Quarks und Gluonen einfach frei durch die Gegend schwirren konnten und versucht nun, diesen Zustand nachzustellen, in dem man Protonen auf Bleikerne schießt.
Dieses Quark-Gluonen-Plasma soll unter anderem in ALICE untersucht werden
(Ich weiß schon, warum ich bisher die Finger von dem Thema gelassen habe, obwohl es mich ebenfalls reizt, einiges über Teilchen- bzw. Quantenphysik zu schreiben. Es ist wirklich schwierig zu erklären).
Der Nachweis der Supersymmetrie wäre vermutlich ein Durchbruch, der noch ein wenig bedeutender ist, als es der Nachweis des Higgs-Bosons war. Denn durch diesen Nachweis hätte man unter anderem auch endlich mal einen Hinweis darauf, ob die Stringtheorie (die meiner Meinung nach eigentlich String-Hypothese heißen müsste, da man noch keinen Nachweis zu ihrer Richtigkeit erbracht hat) haltbar ist.
Man will außerdem wissen, warum es überhaupt Materie gibt. Pure Energie wird normalerweise zu gleichen Teilen zu Materie, sowie zu Antimaterie. Eigentlich sollte nach dem Urknall also das Verhältnis zwischen Materie und Antimaterie ausgeglichen gewesen sein. Wenn dem so wäre, dürfte keine Materie mehr existieren, denn wenn sich Materie und Antimaterie treffen, löschen sie sich aus und produzieren Photonen, also Lichtteilchen.
Was man bisher über dieses Phänomen weiß ist, dass es eine Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie existiert. Das kann man tatsächlich nachweisen. Diese Asymmetrie müsste also für den Überschuss an Materie im Universum zuständig sein. Über diese Asymmetrie möchte man ebenfalls mehr erfahren.
Um mehr darüber zu erfahren, wieso es Antimaterie gibt, will man unter anderem die sogenannten Bottom-Quarks, die auch Beauty-Quarks genannt werden, nutzen, um genauere Informationen über dieses Phänomen zu erhalten.
Wenn man ohnehin schon dabei ist, Quarks zu untersuchen, knöpft man sich auch direkt das sogenannte Top-Quark vor. Das Top-Quark ist das schwerste Elementarteilchen und steht in großem Zusammenhang mit dem Higgs-Boson und damit auch zu der Art und Weise, wie sich Materie in diesem Universum verhält.
Nicht nur im ATLAS wird das Higgs-Boson untersucht, sondern auch am CMS

Und natürlich ist es nach wie vor das Ziel des LHC eine Physik zu entdecken, die jenseits des Standardmodells liegt. Man will mehr finden, man will neues finden und man will unser Verständnis der Realität erweitern.
Für mich bleibt die Frage der nächsten Jahre aber nicht, wonach am LHC gesucht wird, sondern was man dort finden wird. Wir dürfen unheimlich gespannt sein.