Großbritannien erlaubt Genmanipulation an menschlichen Embryonen

Ich klaue mir heute mal den Aufmacher, diverser Onlinemedien, die gerade genau darüber berichten, muss aber direkt folgendes relativieren:

Soweit es sich für mich erschließt, hat Großbritannien keine generelle Erlaubnis für Erbgutveränderungen an menschlichen Embryonen erteilt. Es handelt sich hierbei anscheinend lediglich um ein einziges Forschungsprojekt, das unter strengen Regularien eine Genehmigung erhalten hat, um die Forschung zur Frühentwicklung von Embryonen voranzutreiben. Selbstverständlich schafft diese Erlaubnis nun vermutlich einen Präzedenzfall, der sich nicht nur auf Großbritannien allein beschränkt. Es wird zum einen für thematisch verwandte, Forschungsprojekte einfacher werden, ähnliche Genehmigungen zu erhalten, andererseits dürfte sich dieser Vorfall auch auf die internationale Forschung auswirken. England ist nun in der Pflicht, ein System zu erschaffen, das es Forschern ermöglicht, nach strengen aber dennoch nicht überzogenen Regularien an Embryonen zu Forschen und gegebenenfalls deren Gene zu verändern, sofern die Gene lediglich zu Forschungszwecken editiert werden und die Embryonen (wie im bereits geltenden Recht verankert) nach maximal 14 Tagen zerstört werden. Wie unter anderem im Magazin Nature angeführt wird, könnte sich diese Forschungserlaubnis auch auf die Embryonalforschung in anderen Ländern auswirken. Insbesondere, wenn das britische System unter Forschen entsprechenden Anklang findet.

Aber wie sieht die Situation eigentlich in Deutschland aus? Könnte es so eine Erlaubnis auch bei uns geben?

Tja, als Ausnahmeerlaubnis wäre sowas wohl möglich, nur ist die Rechtslage hier in Deutschland noch ein klein wenig strenger, als die auf der Insel. Während man da drüben tatsächlich an Embryonen forschen darf, ist hier jeder Umgang mit Embryonen verboten, der nicht der Erhaltung dieser dient.

Für genauere Infos über die Rechtslage zur Forschung an Embryonen in diversen Ländern, gibt es hier diesen Link zur Datenbank vom Max-Planck-Institut für internationales Strafrecht. Und hier gibt es die entsprechenden Regelungen für Großbritannien.

Gut, jetzt wo wir die ganzen rechtlichen Details abgehandelt haben, werfen wir nochmal schnell einen Blick auf das Forschungsprojekt, das diese Ausnahmegenehmigung erhalten hat.

Die Human Fertilisation and Embryology Authority, die mehr oder weniger dem Gesundheitsministerium zugeordnet wird (diesem aber nicht unterstellt ist), überwacht sämtliche Kliniken und Forschungseinrichtungen, die sich mit der Forschung an Embryonen beschäftigen, In-Vitro-Fertilisationen vornehmen oder Insemination betreiben. Außerdem überwacht es sämtliche Samen- Eizellen- und Embryo-Banken. Diese Behörde hat also am 1. Februar 2016 dem Team rund um Kathy Niakan, Forscherin am Francis Crick Institut, die Erlaubnis erteilt, Gene von menschlichen Embryonen zu verändern. Wir reden hierbei von Embryonen, direkt nach der Befruchtung. Interessiert ist das Team an den ersten sieben Tagen, nachdem die Eizelle befruchtet worden ist. Man erhofft sich durch diese Veränderung der Gene neue Einblicke in die frühe Entwicklung des Embryos (der zu diesem Zeitpunkt rund 200 Zellen groß ist), will verstehen, welche Gene für die Entwicklung der Embryos wichtig sind und möchte neue Ansätze entwickeln, um Unfruchtbarkeit zu bekämpfen. Die entsprechenden Behandlungsmethoden sollen dann allerdings ganz ohne den Einsatz von Gentechnik funktionieren.
Sind die sieben Tage nach der Befruchtung verstrichen, werden die Embryonen – man, dafür gibt’s kein anständiges Wort – aus dem Forschungsbetrieb „entfernt“.

Wer jetzt also über die Ethik, die dahinter steht, diskutieren möchte, sei daran erinnert, dass die generelle Forschung an Embryonen und deren genetische Veränderung zu Forschungszwecken zwei Paar Schuhe sind. Designerbabys sind noch eine ganz andere Schublade, aber deren Entwicklung ist auch in Großbritannien verboten und dürfte auch keine Ausnahmeerlaubnis von irgendjemandem erhalten. Zumindest nicht in absehbarer Zeit.