Glyphosat ist heutzutage vermutlich bekannter als ABBA oder die Bibel. Es ist schon längst kein Pflanzenschutzmittel mehr, Glyphosat wurde zum Stellvertreter im Kampf Großkonzern gegen Kleinbauern, Natur gegen Chemie, David gegen Goliath, Gott gegen Satan, und nein, eine Spur kleiner geht es in dieser Debatte nicht mehr.
Oder, um es weniger pragmatisch zu formulieren: Auf dem Rücken der Glyphosatzulassung werden diverse Debatten ausgetragen. Es geht um Verbraucherschutz, Lebensmittelsicherheit, Krebs, Patentrecht, Monopolstellungen und um jede Menge Ideologie. Und genau diese Vermengung unterschiedlicher Themen macht es so schwer, ein abschließendes Urteil über die Gefährlichkeit von Glyphosat zu fällen – egal welches Thema man untersucht, irgendwo macht jemand ein neues Schlachtfeld auf und verlagert die Diskussion. Aus diesem Grund will ich mich – ein halbes Jahr nach meinem ersten Text – nochmal ausführlich und exklusiv mit Glyphosat und dem aktuellen Stand der Debatte auseinandersetzen.
Nachtrag, Mai 2019:
3 Jahre sind vergangen, seit ich diesen Text zum 1. Mal veröffentlicht habe. Seither hat sich die Diskussion über Glyphosat natürlich auch weiterentwickelt, also hab‘ ich das zum Anlass genommen, diesen Text nochmal komplett zu überarbeiten und zu erweitern. Viel Spaß <3
Bevor wir uns aber in diese Debatte stürzen, müssen wir uns alle auf den gleichen Stand bringen. Glyphosat ist ein Salz, das in vielen Herbiziden Anwendung findet. Das bekannteste Präparat ist sicherlich Roundup, das neben seinem Hauptbestandteil Glyphosat unter anderem noch Tenside enthält, die die Aufnahme in die Pflanze verbessern sollen. Roundup ist vor allem aufgrund seiner Wirkungsweise so beliebt. Es wird nämlich nicht über das Wurzelwerk im Boden in die Pflanze aufgenommen, sondern ausschließlich über die grünen Teile der Pflanze, z.B. über das Blatt. Man kann also Unkraut bekämpfen und gleichzeitig neue Pflanzen aussäen, oder auch bei bereits gewachsenen Pflanzen das Unkraut bekämpfen, solange man Roundup vom grünen Teil der Nutzpflanzen fernhält. Beim Weinanbau kann zum Beispiel der Wirkstoff in Form von Granulat ausgebracht werden und das Unkraut vernichten, ohne die Pflanze zu beeinträchtigen.
Wie wirkt Glyphosat?
Glyphosat schädigt Pflanzen, indem es das Enzym 5-Enolpyruvylshikimat-3-Phosphat-Synthase hemmt.
Alles verstanden? Hervorragend. Tschau.
Das war natürlich nur ein Witz, wir gehen ein bisschen mehr ins Detail. Wie ich schon erwähnt habe, ist Glyphosat ein Salz. Es stammt aus der Gruppe der Phosphonate (diese Info wird nochmal wichtig, wenn wir über Glyphosat im Menschen und in der Umwelt reden). Bringt man Glyphosat in die Pflanze ein, so heftet es sich an das oben genannte Enzym, das wir nur mit EPSP-Synthase abkürzen. Dieses Enzym dient als Katalysator und beschleunigt eine chemische Reaktion, die im inneren der Pflanze abläuft, nämlich die Bildung von sogenannten aromatischen Aminosäuren. Heftet sich Glyphosat jetzt an die EPSP-Synthase, kann diese ihrer Arbeit nicht nachgehen und somit nicht mehr helfen, neue aromatische Aminosäuren zu synthetisieren. Ohne diese Aminosäuren kann die Pflanze keine Proteine „zusammenbauen“, die u.a. für das Wachstum der Pflanze zuständig sind. Werden diese Proteine nicht mehr ausgebildet, stirbt die Pflanze innerhalb weniger Tage ab. Dieser Prozess, bei dem die EPSP-Synthase dabei hilft, Aminosäuren zu synthetisieren, die wiederum Proteine bilden, findet ausschließlich in Pflanzen, Pilzen und Bakterien statt. Zum einen ist das natürlich hervorragend, weil wir Menschen und andere Tiere somit nicht in Gefahr geraten, direkt durch die gewünschte Wirkung von Glyphosat geschädigt oder sogar vergiftet zu werden, andererseits ist es aber problematisch, weil Glyphosat keinen Unterschied zwischen Nutzpflanze oder Unkraut macht und man somit also Gefahr läuft, die Ernte auf dem Feld zu zerstören, wenn man unachtsam Glyphosat ausbringt.
Um das zu verhindern, hat Monsanto, der Konzern, der auch Roundup vermarktet, Pflanzen kreiert, die gegen Glyphosat weitestgehend unempfindlich sind.
Monsanto, Gentechnik und Patente
Es gibt keine Diskussion über Gentechnik und insbesondere keine Diskussion über Glyphosat, ohne auch von Monsanto zu sprechen, das in vielen Augen DER Profiteur von einer erneuten Zulassung von Glyphosat wäre. Entgegen dieser weitläufigen Meinung verdient Monsanto aber kaum etwas an Glyphosat. Rund 90 Unternehmen produzieren den Stoff, exportieren ihn in rund 130 Länder und in beinahe allen ist das Patent von Monsanto bereits abgelaufen. Hier in Deutschland könnte also jeder Hobbychemiker in seinem Keller Glyphosat herstellen und Monsanto könnte nicht das Geringste dagegen tun.
Das Wort „Glyphosat“ geht gedanklich für die meisten Deutschen Hand in Hand mit dem Wort „Gentechnik“ einher. Dieser Gedanke ist allerdings falsch, sind gentechnisch veränderte Pflanzen in Deutschland nicht zum Anbau zugelassen. Gleiches gilt praktisch in der gesamten EU. Um solche Pflanzen herzustellen, hat man sich zuerst E.Coli-Bakterien gesucht, die gegen Glyphosat resistent sind, hat das neue ESPS-Synthase-Gen, das sie im Rahmen der Resistenzentwicklung ausgebildet haben isoliert, kloniert, und mithilfe einiger Vertreter einer Bakteriengattung mit dem Namen „Agrobacterium“ in die entsprechenden Nutzpflanzen eingeschleust. Pflanzen, die so verändert wurden, sind natürlich wunderbar für den Anbau auf Feldern geeignet, auf denen ausschließlich glyphosathaltige Präparate wie Roundup ausgebracht werden. Man muss keine anderen Stoffe einkaufen, man muss beim Ausbringen von Präparaten wie Roundup nicht zimperlich sein, sondern ausschließlich gesetzliche Grenzen beachten und hat bereits nach ein paar Tagen eine sichtbare Wirkung, nämlich totes Unkraut und lebendige Pflanzen. Zumindest in einem gewissen Zeitraum.
Denn wenn man ausschließlich einen Stoff z.B. Glyphosat verwendet, um seine Pflanzen zu schützen, wächst irgendwann das erste Unkraut auf dem Feld, auf das die bisherige Menge des Stoffes keine Wirkung mehr hat. Das Unkraut entwickelt Resistenzen. Möchte man jetzt aber an dem verwendeten Herbizid festhalten, muss man die verwendete Menge erhöhen, um das Unkraut trotzdem zu töten. Das ganze würde sich über die Jahre zu einem Wettrennen entwickeln, das am Ende von der Natur gewonnen wird. Im Moment steht Glyphosat im Vergleich noch relativ gut da. Zurzeit sind rund 21 Unkräuter bekannt, die gegen Glyphosat resistent sind. Auf Bauernhöfen, die ausschließlich auf glyphosathaltige Herbizide setzen, sind die Resistenzen trotzdem Mittlerweile schon zum Problem geworden, dort wird inzwischen als Alternative auf andere, ältere und aggressivere Pflanzenschutzmittel zurückgegriffen. Eine Entwicklung, die man als Verbraucher natürlich nicht wollen kann. Glyphosat ist hier natürlich nur ein Beispiel. Jede Form der Bodenbearbeitung sorgt für resistente Unkräuter. Selbst der Pflug auf dem Acker hilft dabei, Pflanzen zu selektieren, die sich aus ihren Wurzelresten am schnellsten regenerieren können. Unabhängig von Gefährdungen, Grenzwerten und sonstigen Auflagen, müsste der Einsatz von Glyphosat auf Feldern alleine aus Kostengründen ohnehin so gering wie möglich gehalten und z.B. durch weitere Maßnahmen wie Fruchtwechsel oder möglichst schonende Bodenbearbeitung ergänzt werden, damit die Resistenzen nicht dauernd unkontrolliert zunehmen und Glyphosat dann auf ganz natürlichem Wege von den Feldern verbannen. Aber auch Glyphosat selbst interagiert selbstverständlich mit der Umwelt. Und wo immer Glyphosat verwendet wird, gelangt es auch in Körper.
Glyphosat in der Umwelt
Ich habe vor einer Weile in einem Artikel der Wirtschaftswoche einen Text über Glyphosat im Bier gelesen (worüber wir auch noch reden). In den Kommentaren fiel mir ein User auf, der behauptete, Glyphosat würde sich niemals, nirgendwo und unter keinen Umständen abbauen, sondern stetig in der Umwelt anreichern. Und das ist (zum Glück) vollkommen falsch. Glyphosat baut sich ab. Wie schnell das passiert, hängt aber ganz davon ab, wo Glyphosat ausgebracht wird. Glyphosat landet ja im Optimalfall im Unkraut, das es töten soll. Dort reichert es sich allerdings gerne (insbesondere) in den Wurzeln an. Sobald Glyphosat aber Kontakt mit den Mikroben im Erdboden kommt, beginnt der Abbau des Stoffes. Die Halbwertszeit für Glyphosat (also die Zeit, die es dauert, bis die HÄLFTE des Stoffes abgebaut ist) liegt auf dem Acker bei rund 14 Tagen. Hier funktioniert der Abbau besonders effizient, da solche Ackerflächen meist wunderbar ungeschützt vor Sonne, Wind und Wetter liegen. In Waldgebieten beträgt die Halbwertszeit allerdings schon bis zu zwei Monate, da der Waldboden natürlich besser vor z.B. Witterungseinflüssen geschützt ist. Eine große Studie, die die Halbwertszeiten von Glyphosat sowohl auf dem Acker, als auch auf dem Feld betrachtet hat, fand Halbwertszeiten, die zwischen einem und 197 Tagen lagen. Im Mittel fand diese Studie eine Halbwertszeit für Glyphosat von rund einem Monat, unabhängig vom Untergrund. Wenn Glyphosat abgebaut wird, entsteht als erstes Aminomethylphosphonsäure (wir kürzen die ab jetzt mit AMPA ab). AMPA findet sich im Boden allerdings länger als Glyphosat, wird letztendlich aber ebenfalls abgebaut. Nach einigen weiteren Reaktionen wird aus dem Ursprungsstoff Glyphosat eine Mischung aus CO2, Phosphat und Ammonium. Wie lange es nun letztendlich dauert, bis aus Glyphosat diese „harmlosen“ Stoffe geworden sind, hängt also ganz von dem Ort ab, auf dem Glyphosat ausgebracht wird und von den Bedingungen, die dort herrschen. Diese Info muss man unbedingt im Hinterkopf behalten, wenn man Präparate mit Glyphosat einsetzt. Denn auch bei Glyphosat gibt es Grenzwerte, die eingehalten werden müssen. So liegt der Grenzwert für Soja z.B. bei 20mg (1 mg= 1 tausendstel Gramm) Glyphosat pro Kilogramm Soja. Für Waldpilze sind es bis zu 50mg/kg, bei Honig liegt der Wert bei 0.05mg/kg und für die Abbauprodukte von Glyphosat, wie z.B. AMPA gibt es keine Höchstgrenzen. Wenn wir über Glyphosat im Körper reden, werden solche Grenzwerte nochmal sehr wichtig. Wir reden aber im Moment über Glyphosat in der Umwelt und ein solcher Text muss sich natürlich auch damit auseinandersetzen, was Glyphosat außerhalb der Nutzpflanzen anrichtet. Ein Acker ist niemals steril. Es ist ein offenes Biotop, das ständig im Austausch mit der Umwelt steht. Vernichtet man das Unkraut auf so einem Acker, nimmt man Insekten die Nahrungsgrundlage. Wo Insekten fehlen, gibt es auch keine Vögel, die solche Insekten fressen und somit haben jegliche Pflanzenschutzmittel einen negativen Einfluss auf die Biodiversität des betreffenden Ackers. Aber anstatt den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln – insbesondere Herbiziden wie Roundup – zu verringern, ist bei einigen Bauern die sogenannte „Sikkation“ sehr beliebt. Dabei bringt man Herbizide wie Glyphosat kurz vor der Ernte auf dem Feld aus, was die Ernte erleichtern soll; hauptsächlich soll so ein Stoff aber die Reife der Pflanzen auf dem Acker kontrollieren. Denn wenn das entsprechende Herbizid die Nutzpflanzen angegriffen hat, wird der Reifeprozess der Pflanze beendet. Das beste Beispiel hierfür sind rote, gelbe und grüne Paprika, die gemeinsam verkauft werden. So ein unterschiedlicher Reifeprozess lässt sich mithilfe der Sikkation hervorragend steuern. Seit 2014 existieren mittlerweile auch Regelungen für die Sikkation mittels Glyphosat in Deutschland. Glyphosat wird aber nicht nur gerne auf dem Feld eingesetzt, sondern auch zur Bekämpfung von unerwünschtem Grün in Gewässern. Und dort ist es für Fische tatsächlich sehr schnell schädlich. Die letale Dosis für Fische liegt im Mittel bei ungefähr 1/100 der letalen Dosis für Säugetiere, bzw. Vögel. Bei der Handhabung von Glyphosat in der Nähe von Gewässern ist also Vorsicht geboten.
Glyphosat in Tieren
Wie findet man heraus, ob ein Stoff für den Menschen gefährlich ist? Natürlich nicht, indem man ihn am Menschen ausprobiert. Man nimmt sich stattdessen Tiere und forscht mit deren Hilfe. Man kann von Tierversuchen natürlich halten, was man will, aber letztendlich sind sie noch immer die beste Methode, die uns zur Verfügung steht. Aber die Grenzen zwischen einem lehrreichen Tierversuch und simpler Tierquälerei sind schmal. Erinnert sich noch jemand an die Studie, die belegen sollte, wie Glyphosat und Genmais in Ratten Tumore verursacht haben sollen? Gilles-Eric Séralini war federführender Autor der Studie, die ihn über Nacht berühmt gemacht hat. Die Bilder der Ratten mit teilweise handtellergroßen Tumoren gingen durch quasi jedes Medium und dürften bei einigen Gentechnikgegnern orgasmische Gefühle ausgelöst haben. Zumindest bis die Studie von so ziemlich jedem Wissenschaftler auf diesem Planeten zerrissen wurde. Mittlerweile wurde die Studie zurückgezogen, umgeschrieben und in irgendeinem drittklassigen Journal unter Verwendung der exakt selben Werte erneut veröffentlicht.
Weil die Studie so viel internationale Aufmerksamkeit erregt hat, sollten wir sie uns mal im Detail anschauen. Ein wichtiger Punkt ist die Auswahl der Versuchstiere. Ratte ist nämlich nicht gleich Ratte. Für die Studie verwendete Séralini sogenannte „Sprague-Dawley“ Ratten. Man weiß sehr viel über diese Ratten. Unter anderem weißt man seit 1973, dass diese Tiere mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% im Laufe ihres Lebens Tumore entwickeln. Und, die Tumorhäufigkeit steigt mit der Menge der Nahrung, die sie aufnehmen. Gegen die Verwendung dieser Ratten spricht allgemein natürlich nichts, denn in vielen Regulierungsbehörden werden genau die gleichen Tiere für Studien verwendet. Allerdings ist die Gruppengröße dort um einiges Größer als in der Studie von Séralini. Er teilte sich die Tiere folgendermaßen auf:
Sowohl für Männchen als auch Weibchen nahm er eine Unterteilung in 3 Kategorien vor. Tiere die „Genmais“ zu fressen bekamen, Tiere die mit Roundup gefüttert wurden und Tiere, die beides zusammen bekamen. In jeder dieser Kategorien wurden jeweils 40 Tiere verwendet. Pro Kategorie wurden diese 40 Tiere in 4 Gruppen zu je 10 Tieren aufgeteilt. Um zu verstehen, was genau mit diesen 40 Tieren pro Kategorie passierte, schauen wir uns die Messergebnisse mal an.
Erstmal, wer seine Ergebnisse so veröffentlicht, der will überhaupt nicht, dass man versteht, was da genau passiert ist. Dieser unübersichtliche Haufen von Grafiken ist auf Anhieb völlig unverständlich und niemand kann daraus sinnvolle Informationen ziehen. Also schauen wir uns zwei dieser Messwerte im Detail an, um das Verständnis zu fördern.
Hier hat man die 40 Ratten mit Genmais gefüttert. Dabei erfolgte die Aufteilung in 4 Gruppen zu je 10 Tieren. Die erste Gruppe, die in der Grafik als gestrichelte Linie dargestellt wird, bekam dabei keinen Genmais, sie fungierte also als Kontrollgruppe. Die nächste Gruppe, die hellgraue Linie, bestand aus 10 Tieren, deren Futter zu 11% aus Genmais bestand. Die nächste Gruppe, die als dünne, schwarze Linie dargestellt ist, bekam 22% Genmais und die letzte Gruppe, die dicke schwarze Linie, bekam einen Futteranteil von 33%.
Die Versuchsdauer ist auf der horizontalen Achse aufgetragen, sie betrug rund 700 Tage. Auf der vertikalen Achse ist die Anzahl der toten Versuchstiere aufgelistet, von 0-10. Jedes Mal wenn eine der Kurven einen Sprung nach oben macht, ist also ein Versuchstier gestorben.
Wenn ich einen Stoff darauf untersuche, ob Tiere davon Krebs bekommen und am Ende daran sterben, erwarte ich eine gewisse Abhängigkeit von der Dosis zu besagter Wirkung. Das heißt, die Tiere, welche die höchste Dosis erhalten haben, sollten auch entsprechend sowohl am schnellsten, als auch am häufigsten gestorben sein. Betrachten wir die Grafik da oben sehen wir aber, dass zuerst die Tiere sterben, die 11% Genmais im Futter hatten. Und zwar deutlich vor allen anderen. Am Ende der Studie hat die Kontrollgruppe die meisten Tiere verloren (9 verstorbene Tiere), gefolgt von der 11%-Gruppe (7), gleichauf mit der 22%-Gruppe (ebenfalls 7). Das Schlusslicht bildet hier die Gruppe der Tiere, die die höchste Dosis Genmais zu fressen bekamen. Hier starben zum Versuchsende nur 6 Tiere.
Schauen wir uns noch ein Beispiel an. Dieses Mal geht es um die Dosis Roundup, die männliche Ratten zu sich nehmen mussten.
Die Erklärung bleibt genau dieselbe wie im vorherigen Beispiel. Die gestrichelte Linie zeigt die Kontrollgruppe, die kein Roundup zu trinken bekam. Die hellgraue Linie zeigt die Tiere, deren Trinkwasser pro Liter 50 ng Glyphosat beinhaltete (1 ng= 1 milliardstel Gramm). Für die Tiere, die als dünne, schwarze Linie dargestellt sind, stellte Roundup einen Anteil von 0.09% am Trinkwasser, und für die dicke, schwarze Linie wurden die Tiere mit 0.5% Glyphosat im Trinkwasser gefüttert. Und hier wieder dasselbe Spiel. Die Tiere, die kein Roundup bekamen, starben am Häufigsten (9). Gefolgt von der niedrigsten Dosierung (8), den dritten Platz hat die mittlere Dosis inne (7) und erneut starben die Tiere mit der höchsten Dosis durchschnittlich am seltensten (6).
Sehr interessante Ergebnisse, oder? Denn in der Studie konnte Séralini zeigen, dass männliche Ratten, die regelmäßig Glyphosat oder Genmais zu sich nehmen mussten, länger lebten, als ihre Artgenossen.
Zumindest nur, solange sie nicht beides gemeinsam bekommen. Für die Weibchen fallen die Messergebnisse nochmal unterschiedlicher aus. Wenn wir nochmal auf die Grafik schauen, auf der wir alle Messwerte finden, sehen wir, dass die Messergebnisse absolut nichts aussagen, da sie in keiner Gruppe wirklich eindeutig sind. Wir könnten uns also – wie eben getan – eine bestimmte Gruppe rauspicken und die Studie entsprechend unserer Vorstellungen auslegen.
Aber warum ist das so?
Das Problem ist, dass Séralini pro Gruppe nur 10 Tiere verwendet hat. Jedes dieser Tiere erkrankt mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% ohnehin an sehr aggressiven Tumoren. Das heißt, wenn nur eines dieser Tiere zufällig einen Tumor entwickelt, steigt die Krebsrate dieser Gruppe um 10%. Am Ende haben wir also in allen Messergebnissen ein unglaubliches, statistisches Rauschen. Die Ergebnisse sind also allesamt komplett unbrauchbar. Man hätte das aber leicht verhindern können, nämlich indem man die Anzahl der Tiere pro Gruppe vergrößert. Die Zehnfache Anzahl wäre gut gewesen.
Am Ende würde ich gerne einen Punkt bezüglich Séralini anmerken. Nämlich seine Zusammenarbeit mit dem Homöopathie-Hersteller Sevene Pharma, die Globuli gegen Glyphosat-Vergiftungen entwickeln.
Solche schlechten Studien gibt es allerdings zuhauf. Man wollte zum Beispiel mal untersuchen, ob Glyphosat, wenn es von der Mutter aufgenommen wurde, in der Lage ist, den Embryo zu schädigen. Dazu wurden Embryonen von Hühnern und Fröschen direkt in einer glyphosathaltigen Lösung gebadet, bzw. das Glyphosat teilweise direkt in die Embryonen injiziert. Das Ergebnis? Missbildungen. Was lernen wir daraus? Nichts. Wer etwas über die Gefährlichkeit eines Stoffes in Erfahrung bringen will, sollte eventuell darauf achten, dass die Darreichungsform einigermaßen realistisch ist. In der Realität werden Föten relativ selten in Glyphosat gebadet, es wird höchstens durch die Muttertiere über die Nahrung aufgenommen. Und genau solche Versuche sind auch bereits passiert – mit dem Ergebnis, dass die Muttertiere absurd hohe Glyphosatdosen fressen konnten, was teilweise zu schweren Vergiftungserscheinungen führte, bevor irgendeine Erbgutschädigung und damit verbundene Missbildungen an den Embryonen auftraten. In anderen Studien hat man die tödlichen Dosen für kleinere Tiere bestimmt. Bei Ratten betrug diese rund 5000mg/kg, bei Mäusen lag die Dosis bei rund 10.000 mg/kg und bei Ziegen rund 3500mg/kg. In Gewässern betrug die letale Dosis für Fische (je nach Präparat) zwischen 1,3mg/L bis zu über 1000mg/L. Man muss an dieser Stelle erwähnen, dass bei diesen Dosen ausschließlich von Glyphosat die Rede ist. Wann immer man Roundup betrachtet hat, sank die letale Dosis teilweise erheblich. Zum Beispiel auf nur rund 1000mg/kg bei Ratten, oder zwischen 0.65 mg/L bzw. 13 mg/L bei Fischen. Schuld daran sind vermutlich die in Roundup enthaltenen Zusatzstoffe, die giftiger sein können, als Glyphosat selbst (hier ist der Link zu einer Sammlung von 75 Studien, auf denen diese Ergebnisse beruhen.
Glyphosat im Körper
Die Debatte um Glyphosat im Menschlichen Körper wird prinzipiell über den Ausruf „Glyphosat in Urin und Bier! Das geht nicht!“, geführt. Dabei fällt hinten unter, dass diese Mengen gerade so oberhalb der Nachweisgrenze liegen. Eine Diskussion über Grenzwerte ist nicht möglich, ohne uns nochmal in Erinnerung zu rufen, dass Glyphosat im Körper nicht verstoffwechselt wird und nicht fettlöslich ist, sich also nicht in den Fettdepots des Körpers einlagert. Es wird genau so wieder ausgeschieden, wie es reingekommen ist. Lediglich rund 35-40% des Glyphosats wandern über den Darm in den Körper und werden dann wieder über die Nieren ausgeschieden. Der Rest wandert über den Verdauungstrakt nach draußen. Nach ungefähr 48 Stunden hat das gesamte Glyphosat den Körper wieder verlassen. Das heißt, Glyphosat selbst wirkt im Körper nicht. Wenn es mittels Glyphosat zu Vergiftungen kommt, dann nur über eine unspezifische Wirkung, das heißt also, über die Tatsache, dass einfach zu viel davon im Organismus ist. Das kann aber bei jedem Stoff passieren. Von Trinkwasser bis Zimt.
Um die Grenzwerte für den menschlichen Körper zu bestimmen, nimmt man sich die Tierversuche vor, bei denen Tiere mit Glyphosat gefüttert wurden. Man sucht sich die Menge Glyphosat, mit der Mäuse ihr gesamtes Leben lang gefüttert werden können, ohne irgendeine körperliche Auffälligkeit zu zeigen. Da Menschen keine Mäuse sind und wir in der Gesellschaft Grenzwerte festlegen, die weder Kindern bzw. Säuglingen, noch alten Menschen oder chronisch Kranken schaden, nimmt man für den menschlichen Grenzwert einen Bruchteil der Dosis. Die European Food Safety Agency erlaubt für den Menschen eine Höchstmenge von 0.5mg/kg/Tag. Ein Mensch mit einem Gewicht von 100 Kilo kann also pro Tag 50mg (mg = tausendstel Gramm) Glyphosat zu sich nehmen und wird sein ganzes Leben lang keine gesundheitlichen Probleme davontragen. So. Wie viel Glyphosat wurde denn im Menschen so gefunden? Das schauen wir uns anhand der drei Flüssigkeiten an, mit denen in den letzten Jahren versucht wurde, Angst vor Glyphosat zu schüren, nämlich Muttermilch, Urin und Bier.
Zäumen wir das Pferd mal von Hinten auf und reden über Bier. Wir machen es ganz kurz. Der krebserregende Stoff im Bier ist Alkohol. Nach wie vor. Selbst in alkoholfreiem Bier ist mehr Alkohol als Glyphosat drin. Da ist es fast nur nebensächlich, dass die Studie vom Umweltinstitut München (sowas wie der Greenpeace, oder Campact, oder die Bild) in Auftrag gegeben wurde. Man hat dabei 14 Bierflaschen auf Glyphosat getestet. Keine Chargen, keine Kästen, nur 14 verschiedene Bierflaschen. Die gefundenen Mengen schwankten alle im Bereich von rund 0,5 Mikrogramm (millionstel Gramm) pro Liter, bis zu rund 30 Mikrogramm pro Liter. Die Studie ist methodisch mehr als fragwürdig, was auch der Bund der Bierbrauer in einer Stellungnahme verlauten lässt. Aber selbst diese Stellungnahme ist irrelevant. Wer alkoholische Getränke, also Getränke mit Alkohol, einem bekannten Karzinogen, zu sich nimmt und dabei Angst vor Glyphosat hat, der [an dieser Stelle bitte selbst einen passenden Vergleich einfügen, mir fällt einfach keiner ein, der auch nur annähernd so abstrus ist].
Reden wir jetzt über Glyphosat im Urin.
Vor ein paar Jahren hat der BUND eine Studie in Auftrag gegeben, bei der am Ende 182 Urinproben aus ganz Europa getestet wurden (10 davon aus Deutschland). Anhand dieser Daten ging die Meldung rum, dass Glyphosat in deutschen Urinproben aufgetaucht ist. Dass man in knapp der Hälfte kein Glyphosat nachgewiesen hat, passte leider nicht mehr in die Überschrift (in der Studie sind solche proben mit <0,15 gekennzeichnet und liegen unterhalb der Empfindlichkeitsgrenze der verwendeten Testmethode). Sven Giegold, der Grüne Europaabgeordnete, ließ seinen Urin daraufhin ebenfalls überprüfen und auch dort fand man Glyphosat in der Größenordnung, die in der Studie gefunden wurde.
Die Menge beträgt also 1.98 milliardstel Gramm pro Milliliter, bzw. 1.98 millionstel Gramm pro Liter. Im Klartext heißt das, dass Sven Giegold jeden Tag über tausend Liter seines Urins trinken könnte, ohne den unbedenklichen Grenzwert für Menschen auch nur anzukratzen. Das BfR rechnet ebenfalls vor, dass auch die tausendfache Menge Glyphosat im Urin trotzdem noch im erlaubten, gesetzlichen und harmlosen Rahmen liegt. Diese Menge Glyphosat ist für den Rest des Lebens absolut harmlos.
Also hat sich Urin ebenfalls erledigt.
Aber nicht nur in Bier und Urin will man Glyphosat gefunden haben, sondern auch in der Muttermilch! Ja. Der Muttermilch! Das ist das Zeug, das in frisch geschlüpfte Babys rein kommt!
Womit kann man denn schöner Angst erzeugen? Irgendwann im Spätsommer 2015 haben die Grünen eine Nachricht veröffentlicht, nach der ein Leipziger Labor in 16 Muttermilchproben Glyphosatrückstände oberhalb der Grenzwerte für Trinkwasser gefunden hätte. Und um zu verstehen, was hier genau passiert ist, müssen wir über die Testmethode reden, mit der man das Glyphosat gesucht hat. Wir können ja Glyphosatmoleküle im Wasser nicht einfach zählen. Um besser zu verstehen, was also genau passierte, finde ich dieses Video einfach perfekt.
Am Ende sieht die Probe also Beispielsweise so aus, wie auf dem unteren Bild. Dort, wo viel Farbstoff umgesetzt werden konnte, leuchtet die Probe in einem kräftigen, gelben Ton, dort wo wenig Farbstoff umgesetzt wurde, ist die Probe blass.
Ziemlich clever, oder?
Das Problem ist allerdings, dass diese Testmethode für fettreiche Flüssigkeiten ungeeignet ist, da die Fette die Arbeit der Enzyme stören können. Und welche Flüssigkeit enthält viel Fett? Genau. Muttermilch. Natürlich wirken solche Ergebnisse irritierend, weshalb unser BFR und die Washington State University ihrerseits 140 neue Muttermilchproben aus Deutschland untersuchten. Die Testmethode war die Flüssigchromatografie, bzw. die Gaschromatografie mit einer Nachweisgrenze von 1ng/mL (ein milliardstel Gramm pro Milliliter).
Ich möchte kurz die Untersuchungsergebnisse zitieren. Das BfR sagt:
Wie vom BfR bereits erwartet, wurden in keiner der untersuchten Muttermilchproben Rückstände des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat oberhalb der Nachweisgrenze gemessen
Und die Washington State schreibt:
In none of the investigated samples were glyphosate residues above the limit of detection found.
Die Frage, ob Muttermilch Glyphosat enthält, ist damit also auch vom Tisch. Sehr schön.
BfR vs. IARC: Krebs oder kein Krebs?
In der Debatte rund um Glyphosat hat nichts die Gemüter so sehr erhitzt, wie der Streit zwischen dem Bundesinstitut für Risikobewertung, das 2002 als unabhängiges Institut unter Renate Künast gegründet wurde und der International Agency for Research on Cancer, kurz IARC, einem 1965 gegründeten Teilorgan der WHO.
Das BfR kommt zu dem Urteil, dass Glyphosat bei sachgerechter Anwendung nicht gefährlich für den Menschen ist. Aber dem BfR kann man ja nicht trauen, richtig? Immerhin sollen sie für ihr Gutachten große Teile einfach aus Monsantos Zulassungsstudien abgeschrieben haben. Tja, wer sich die Studie des BfR besorgt, der stellt fest, dass im einleitenden Text des betreffenden Abschnitts explizit erklärt wird, dass man nun die Zulassungsstudien von Monsanto zitiert, und dort, wo eventuelle Anmerkungen nötig sind, eigene Inhalte vorbringt. Also nix mit Abschreiben.
Mit seiner Einstufung von Glyphosat reiht sich das BfR übrigens auch in die Liste aller folgenden Länder ein, die Glyphosat untersuchten und es für harmlos befanden. Im folgenden findet sich eine Auswahl:
Die japanische Food Safety Commission
Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)
Die europäische Chemikalienagentur (ECHA)
Die neuseeländische Umweltbehörde EPA
Die australische Bewertungsbehörde APVMA
Die kanadische Bewertungsbehörde PMRA
Die US-Umweltbehörde EPA*
Das National Toxicology Program der USA
Die schweizer Behörde für Lebensmittelsicherheit FSVO
Die französische Behöre für Umwelt- und Lebensmittelsicherheit ANSES
Die koreanische Rural Development Administration
*Diese US-Behörde hat übrigens den Dieselskandal aufgedeckt
Dem gegenüber steht das IARC, das Glyphosat als „wahrscheinlich Krebserregend“ bezeichnet und in die Kategorie 2A eingestuft hat. Das IARC betrachtet hunderte Mittel und untersucht sie auf ihr Potenzial, überhaupt Krebs zu verursachen.
Dafür ordnet das IARC alle untersuchten Stoffe in 4 Kategorien ein:
Gruppe 1: Karzinogen für den Menschen
Gruppe 2A: Wahrscheinlich Karzinogen
Gruppe 2B: Möglicherweise Karzinogen
Gruppe 3: Nicht eingestuft
In der Kategorie 1 (also der höchsten) finden sich Dinge wie Sonnenlicht, Röntgenstrahlen, Tabak(rauch), Asbest, oder Alkohol. In der zweithöchsten Kategorie (2A) findet sich neben Glyphosat noch der HP-Virus, Malaria, der Friseurberuf, der Konsum von rotem Fleisch und Schichtarbeit.
Der geneigte Leser stößt hier vielleicht bereits auf das erste Problem. Sind in Kategorie 1 nur Stoffe aufgelistet, bei denen man das Krebsrisiko praktisch pro aufgenommenem Gramm berechnen kann, landen in Kategorie 2A in erster Linie Stoffe, bei denen es irgendeine Form von Hinweis gibt, dass besagter Stoff krebserregend sein könnte.
Hier stellt sich aber ganz allgemein die Frage: Was ist gefährlicher? 10 Jahre Schichtarbeit für den Vegetarier? 50 Jahre gelegentlicher Passivrauch für Frauen, die nicht gegen HPV geimpft sind? 2 Wochen volltrunken in der australischen Sonne, mit unzureichendem Sonnenschutz? Wünscht man sich hierzu klare Aussagen, kann man in der Liste des IARC nur aus Kategorie 1 eindeutige Zusammenhänge zwischen Dosis und Wirkung ziehen. Für Kategorie 2A ist das bereits nicht mehr möglich, da hier zu viele Faktoren eine Rolle spielen und die Studienergebnisse längst nicht so eindeutig ausfallen. Wer aufgrund der Einstufung von Glyphosat in Kategorie 2A Sorge vor Glyphosat im Essen hat, sollte dementsprechend konsequent auf den Konsum von Kaffee verzichten und dürfte niemals im Schichtbetrieb arbeiten.
Wirklich interessant werden die IARC-Einstufungen der Kategorie 2B, bzw. 3. Elektromagnetische Strahlung reiht sich in Kategorie 2B neben dem Job als Schreiner, Aloe Vera, Kaffeesäure oder der kanadischen Orangenwurzel ein. Kann man noch nicht genau sagen, wie hoch das Krebsrisiko im Alltag ist, landet ein Stoff in Kategorie 3. Hierzu sagt das IARC ausdrücklich:
An evaluation in Group 3 is not a determination of non-carcinogenicity or overall safety. It often means that the agent is of unknown carcinogenic potential and that there are significant gaps in research.
Vor langer Zeit soll es auch eine 4. Kategorie gegeben haben, in der Stoffe gruppiert wurden, die über kein karzinogenes Potenzial verfügen. In dieser Kategorie landete lediglich der Stoff, aus dem Nylonstrümpfe gemacht werden. Mittlerweile wurde der Stoff aus der Kategorie wieder entfernt, diese Kategorie ist somit faktisch leer, also für unsere Begriffe nicht mehr existent.
Für die Arbeit des IARC bedeutet dies folgendes: Dass ein Stoff keine krebserregende Wirkung haben kann, ist in den Untersuchungen gar nicht vorgesehen. Das IARC wird jedem Stoff den es analysiert, eine mehr oder weniger krebserregende Wirkung andichten. Ob diese potenziell krebserregende Wirkung im Alltag eines Durchschnittsmenschen überhaupt eine Rolle spielt, wird gar nicht erst untersucht. Meldungen des IARC können also nur in Ausnahmefällen verwendet werden, um auf eine Gefahr für den Menschen hinzuweisen. Und wer anhand der IARC-Einstufung ein Verbot von Glyphosat fordert, aber kein Verbot des Friseurberufs oder von rotem Fleisch, dem geht es nicht um den Schutz seiner Mitbürger, sondern nur um ein weiteres Scheinargument, das benötigt wird, um das eigene Weltbild weiter zu zementieren.
Wenn ich eine kompetente Einschätzung darüber haben will, ob irgendein Stoff in der Menge, mit der ich im Alltag konfrontiert werde, Krebs verursacht, muss ich mich an das Bundesamt für Risikobewertung, das BfR wenden. Das hat sich den Fragen rund um Glyphosat angenommen und kommt dabei zu dem Schluss, dass es – sofern all die Grenzwerte eingehalten werden – für den Menschen keine Gefahr darstellt. Dafür wird das BfR jetzt sogar verklagt.
Ach, ich hätte eine Sache fast vergessen. Ein paar Bewertungsgremien, die Glyphosat für ungefährlich halten, fehlen in der Auflistung noch. Die „Food and Agriculture Organization of the United Nations“ zum Beispiel, die zur WHO gehört. In ihren „Drinking-Water Guidelines“ erklärt die WHO ebenfalls Glyphosat für ungefährlich. Genau wie das (ebenfalls zur WHO gehörende) „International Programme on Chemical Safety„. Und eine weitere Organisation fehlt ebenfalls noch. Das Joint Meeting on Pesticide Residues. Die Pestizid-Bewertungsbehörde der WHO sagt ebenfalls, dass Glyphosat ungefährlich ist. Komisch, oder? Ein Organ der WHO sagt, Glyphosat sei Gefährlich, vier andere sagen – genau wie die halbe Welt – es sei harmlos. Wer hat recht?
Um die Frage abschließend zu beantworten, müssen wir einen Blick in die Art und Weise werfen, wie das IARC Stoffe bewertet.
Das IARC nutzt Expertengremien, um die unterschiedlichen Stoffe zu bewerten. Dafür werden regelmäßig externe Wissenschaftler hinzugezogen, die die vorhandene Literatur bewerten sollen. Im Fall von Glyphosat waren dies unter anderem Christopher Portier (der federführend an der IARC-Einschätzung beteiligt war), sowie Charles W. Jameson. Während nun die Bewertung des IARC durchgeführt wurde, führten zwei US-Kanzleien – „Weitz and Luxenberg“ & „Lundy, Lundy, Soileau & South“ – einen Prozess gegen Monsanto, in dem es um die Frage ging, ob Glyphosat Krebs verursacht.
Der entscheidende Clous ist hier, dass Christopher Portier vor seiner Arbeit beim IARC bereits für besagte Kanzleien gearbeitet hat und für die er nach Beendigung seiner Arbeit am IARC wieder arbeitet. Nämlich als Gutachter gegen Glyphosat. Leider verschwieg er das bei seinem Ruf ans IARC. Er unterschrieb sogar einen Vertrag mit den Kanzleien, der ihn zu dieser Verschwiegenheit verpflichtete. Erst bei einer Befragung vor dem Europaparlament äußerte er sich zu diesem Interessenskonflikt, der ihm bis 2017 rund 160.000 Dollar eingebracht hat. Charles W. Jameson war für die Kanzleien ebenfalls als Gutachter tätig, der mit rund 400 Dollar pro Stunde entlohnt wurde.
Eigentlich müsste das schon für einen handfesten Skandal reichen. Aber es geht noch weiter. Denn, in der Einschätzung des IARC tauchen einige Ungereimtheiten auf. Reuters Investigates hat sich in einem Investigativbericht der IARC-Einschätzung angenommen und die erste Version mit der finalen Veröffentlichung verglichen. Dabei fand man an 10 Stellen signifikante Änderungen. Die Änderungen hatten alle eine Gemeinsamkeit. Sie traten nur bei Studien auf, die Glyphosat Harmlosigkeit bescheinigten. Diese Studienergebnisse wurden entweder zu Neutralen oder negativen Ergebnissen für Glyphosat umgedichtet, oder wurden in der finalen Version komplett gelöscht. Leider konnte man nicht feststellen, wer für diese Änderungen am Text verantwortlich war.
Der ganze Bericht ist ausgesprochen lesenswert und ich kann ihn nur jedem ans Herz legen. Die Frage, warum das nicht zu einem internationalen Aufschrei geführt hat, kann ich allerdings nicht beantworten.
Wer allerdings glaubt, dass wir jetzt aber auch wirklich alle Skandale rund um die Gefahrenbewertung des IARC durchgegangen sind, den muss ich enttäuschen. Einen hab‘ ich noch. Nämlich Aaron Blair, seines Zeichens Epidemiologe und Kopf der Glyphosat-Bewertungsgruppe des IARC.
Blair ist allerdings ebenfalls an einer ganz anderen Studie beteiligt. Der sogenannten Agricultural Health Study, die sich im Moment in Phase 4 befindet. In dieser Studie wurden ursprünglich 89.000 Landwirte aus North Carolina und Iowa zu ihrem Gesundheitszustand, sowie landwirtschaftlichen Praktiken (u.a. Pestizideinsatz) befragt. Die ursprüngliche Studie lief von 1993-1997, und wird seither regelmäßig Updates unterzogen, um den Gesundheitszustand der Landwirte zu beobachten. Die Follow-Ups fanden von 1999-2003, 2005-2010, sowie 2013-2015 statt. Aufgrund der außergewöhnlich großen Datenbasis lassen sich aus der Agricultural Health Study diverse, spezielle Gesundheitsfragen beantworten. So zum Beispiel auch die Frage, ob der Einsatz von Glyphosat Auswirkungen auf die Gesundheit oder das Krebsrisiko der Landwirte hat. An einigen dieser Studien war Blair selbst beteiligt. Allerdings hielt er die Ergebnisse einer Studie – nämlich dass Glyphosat das Krebsrisiko der Landwirte nicht erhöht – bewusst zurück. Dadurch dass er sein Wissen nicht weitergab, nutzte er eine Regelung des IARC. Das IARC bewertet nur Studien die veröffentlicht wurden, konnte die Arbeit also nicht einbeziehen, obwohl klar war, dass seine Ergebnisse die Einstufung des IARC verändert hätten. Ans Licht gebracht wurden diese Vorgänge ebenfalls mal wieder von Reuters. Auf die Frage, ob die Daten „Keinen Zusammenhang zwischen Glyphosat und Non-Hodgkin-Lymphomen zeigten“, antwortet Blair: „Korrekt„.
Die Agricultural Health Study hat eine Myriade von Studien hervorgebracht, vom Allergie- und Depressionsrisiko, über die Zahl von Tumoren unterschiedlichster Organe sowohl bei Landwirten als auch bei deren nächsten Angehörigen. Und eine der neuesten Studien beschäftigt sich wieder mit dem Zusammenhang zwischen Glyphosat und Krebs. Es handelt sich um diese weltweit bisher größte Studie, die 54.251 Landwirte untersuchte, von denen 82% Glyphosat einsetzten. Sie fand ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen Glyphosat und Krebs. Das ist ein hervorragendes Zeichen. Denn wenn die Anwender – die mit den größten Mengen in Kontakt kommen – nicht häufiger an Krebs erkranken, als der Rest der Bevölkerung, ist das ein weiterer Hinweis darauf, das Glyphosat tatsächlich keine Gefahr darstellt.
Die Auswirkungen der IARC-Studie kann man seit neuestem in US-Gerichten bewundern. Dort wird in letzter Zeit vielen Menschen Schadensersatz zugesprochen, die angeblich durch Glyphosat geschädigt wurden. Ist es nicht beeindruckend? Da entscheidet eine Jury aus 12 Menschen, die ausgewählt wurden, weil sie eben keine Ahnung von Wissenschaft haben, über einen Zusammenhang zwischen Glyphosat und Krebs. Und so stellen sich 12 wackere Menschen gegen das gesammelte Fachwissen der Welt, die Augen fest verschlossen.
Alternativen zu Glyphosat
Trotzdem ist es (abseits von der ganzen Krebsdebatte) durchaus möglich, sich mit Glyphosat, aber insbesondere mit Roundup zu vergiften. Rund ein Drittel der weltweit durchgeführten Suizide werden mit Pestiziden begangen. Da glyphosathaltige Präparate quasi die Marktführer sind, führt das natürlich dazu, dass z.B. Roundup in Suizidstatistiken auftaucht. Das hat aber nichts mit der Giftigkeit des Stoffes zu tun, sondern lediglich mit der Menge an verkauftem Roundup. Insbesondere die zugesetzten Tenside haben ihren Anteil an der akuten Giftigkeit der Präparate. Es gibt immer wieder Fälle, in denen Leute Vergiftungserscheinungen zeigten, nachdem sie mit Mitteln wie Roundup unvorsichtig umgegangen sind. Zum Beispiel gibt es Berichte von Bauern, die mit Atemwegsbeschwerden ins Krankenhaus eingeliefert wurden, nachdem sie Roundup ohne Atemschutz versprüht hatten. Es gibt auch Berichte über Kinder, die bereits nach einem Zug an einer Flasche Roundup verstarben. Das alles ist allerdings kein Beweis für die Gefahr von Roundup und rechtfertigt kein Verbot, denn jedes Pestizid ist gefährlich. Und mit Glyphosat stehen wir vergleichsweise noch gut da.
Nehmen wir mal an, wir haben bald ein Verbot von Glyphosat. Was wären die Alternativen, um Pflanzen zu schützen? Ich könnte es jetzt kurz machen und sagen: Es gibt keine. Aber wir schauen uns mal ein paar „Alternativen“ an.
Wir reden natürlich nur über Herbizide, also über Unkrautvernichter. Diese teilt man für gewöhnlich in zwei Oberkategorien ein. Breitbandherbizide und selektive Herbizide. Breitbandherbizide (so wie Glyphosat) wirken unspezifisch gegen alles was auch nur ansatzweise eine Pflanze ist. Selektive Herbizide wirken spezifisch gegen bestimmte Pflanzen, z.B. gegen Gräser.
Bei den Breitbandherbiziden gibt es zum Beispiel welche, die die Photosynthese der Pflanzen hemmen sollen. Paraquat wäre so ein Mittel. Ach nein, wäre es nicht, das ist in der EU ja gar nicht zugelassen. Warum nur? Vielleicht weil die Halbwertszeit im Boden bei rund 1000 Tagen liegt? Oder weil die tödliche Dosis für den Menschen bei 35mg/kg liegt? Oder vielleicht weil der Stoff so oft für Suizidversuche verwendet wurde, dass man ihm sogar ein Brechmittel beigesetzt hat, um das zu verhindern? Immerhin kriegt man davon kein Parkinson. Okay, dann halt nicht Paraquat. Es gibt ja zum Glück noch Diquat! Das ist in der EU auch tatsächlich zugelassen, aber nur für den Einsatz bei Kartoffeln und Hopfen. Außerdem ist es in Nationalparks und Naturschutzgebieten verboten. Es ist hochgiftig (die meisten Leute starben nach der Einnahme von rund 12 Gramm, aber schon bei niedrigeren Konzentrationen wurden Organschädigungen sichtbar) und scheißgefährlich für Bienen und Wasserorganismen.
Gut, also keine Photosynthesehemmer. Wie wäre es mit einem Mittel, das die Aminosäureproduktion hemmt? So ähnlich wie Glyphosat? Da gäbe es Glufosinat, das im Handel als Basta bekannt ist. Die täglich erlaubte Höchstdosis liegt bei 0,021mg/kg. Eine Zulassung hat das Mittel in Europa ebenfalls. Dummerweise ist es fruchtschädigend. Und leider ist das Zeug so stabil wie Jopie Heesters. Auf Gemüse wird es noch bis zu 120 Tage nach der Ausbringung nachgewiesen, bei Tiefkühlware bis zu zwei Jahre. Und das betreffende Gemüse in heißem Wasser zu kochen, um Basta loszuwerden kann man auch knicken, das Zeug überlebt selbst das. Falls man Glufosinat in Gewässern ausbringt, beträgt die Halbwertszeit des Stoffes übrigens mehr als 300 Tage.
Die Zulassung von Basta lief innerhalb der EU zum Oktober 2017 aus. In Deutschland mussten Restbestände des Stoffes bis Juli 2017 aufgebraucht werden. Die Tatsache, dass dieses Verbot ganz ohne breit angelegte Kampagnen funktioniert hat, zeigt, dass die Pestizidsicherheit in Deutschland ein wichtiges Anliegen ist.
Okay, dann nehmen wir halt Wuchsstoffe, die das Unkraut dazu bringen, schneller zu wachsen, die Nährstoffe aus dem Boden zu ziehen und dann an Unterernährung zu sterben. Obwohl, es ist vielleicht nicht die beste Idee, Unkräuter dazu zu bringen, dem Boden noch schneller die Nährstoffe zu entziehen.
Reden wir halt über selektive Herbizide, wie man sie z.B. gegen Gräser verwendet. Der Wirkstoff Sethoxydim scheidet aus, der hat europaweit keine Zulassung. Gleiches gilt für Bromacil.
Der Wirkstoff Bentazon wäre ein selektives Herbizid, das die Photosynthese hemmt. Es hat sogar eine EU Zulassung, kann aber bei starker Anwendung grundwassergefährdend sein. Es ist ungiftig für Bienen, allerdings giftig für Vögel. Zur Gefährlichkeit beim Menschen gibt es bisher noch nicht genügend Studien, um eine finale Aussage treffen zu können, es wurde aber ein Fall berichtet, bei dem 88 Gramm des Stoffes einen Menschen getötet haben. Der Kontakt mit dem Stoff sorgt (wie jedes andere Herbizid) für Irritationen der Haut, Durchfall, Erbrechen, Atemschwierigkeiten usw.
Herbizide allein sind gelegentlich aber auch nicht genug. Die Gruppe der sogenannten Herbizid-Safener dient dazu, Nutzpflanzen unempfindlicher gegen den Einsatz von Herbiziden zu machen. Dabei gibt es spezifische Safener, die nur auf spezielle Pflanzen in Verbindung mit speziellen Herbiziden wirken. Speziell. Ich werde mal ein Mittel zufällig auswählen und es exemplarisch betrachten. Meine Wahl fällt auf Fluxofenim (das ich mir wegen des lustigen Namens ausgesucht habe). Das ist leider in der EU nicht zugelassen. Also, neuer Versuch. Benoxacor soll es sein, das mit Herbiziden verabreicht wird, die Metolachlor enthalten. Und letzteres hat keine Zulassung in Deutschland. Also, dritter Versuch (ich schwöre, die Auswahl ist zufällig!). Der Safener Dimepiperat hat auch keine Zulassung. Furilazol hat auch keine Zulassung in der EU. Okay, einen Versuch unternehme ich noch, dann wird’s mir zu blöd. Naphthalsäureanhydrid rettet mich. Es wird in Kombination mit Herbiziden eingesetzt, deren Wirkung auf Sulfonylharnstoffen beruht. Über 30% der deutschen Ackerflächen wurden mit diesem Stoff behandelt. Sulfonylharnstoffe gibt es in unterschiedlichen Präparaten, die bei vielen verschiedenen Nutzpflanzen angewandt werden können. Sulfonylharnstoffe wirken ähnlich wie Glyphosat und hemmen die Bildung von Aminosäuren. Die diversen Präparate, die solche Stoffe beinhalten scheinen auch alle einigermaßen verträglich für die Tierwelt zu sein. Kein Wunder, dass sich der Stoff tatsächlich auch in Deutschland durchgesetzt hat.
Dieser kurze Sprint durch die Welt der Pestizide soll aufzeigen, dass es sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich ist, eine Alternative für Glyphosat aus dem Hut zu zaubern, die keine größeren Auswirkungen auf Natur und Menschen haben, als es Glyphosat hat. Aber es gibt da noch so eine Gruppe von Pestiziden, die wir noch nicht betrachtet haben.
Denn nicht nur im normalen Anbau werden Pestizide eingesetzt, auch im Bio-Landbau dürfen Mittel verwendet werden, um das Feld vor Schädlingen zu schützen. Ein paar Beispiele gefällig?
Mittlerweile dürfte jeder schon Mal von Kupfersulfat gehört haben, das im Biolandbau verwendet werden darf. 3kg pro Hektar sind in Deutschland erlaubt, in der EU gilt auch die doppelte Menge noch als zulässig. Und auch Kupfersulfat ist untersucht worden. Zum Beispiel in Mäusen. Dort hat sich herausgestellt, dass schon Mengen von rund 8 mg/kg zu mutagenen und gentoxischen Effekten in Knochenmark und Blut führen, bei 10mg/kg hat man eine Erbgutschädigung festgestellt, die sich in der Bildung von sogenannten Micronuklei manifestierte.
Kupfersulfat reichert sich im Boden an, wird quasi nicht abgebaut, Bauern, die regelmäßig mit dem Mittel in Kontakt kommen, leiden häufiger an Leberschäden, im Boden tötet es alle möglichen Tiere (z.B. Würmer und Mikroorganismen, die ja noch in der Erdschicht leben, in die das Kupfersulfat eindringt) und andere Organismen und im Wasser wirkt es ebenfalls toxisch auf alle Tiere, die da so rumschwimmen.
BT-Toxine (ja, genau DIE BT-Toxine) dürfen ebenfalls gespritzt werden. Gespritzt! Nicht aber in Pflanzen eingebaut werden, sodass sie den Wirkstoff selbst produzieren. Blöd nur, dass diese Toxine ausschließlich gegen eine bestimmte Insektenart wirken. Und wo immer so ein Selektionsdruck (entweder passe ich mich an ein Toxin an und überlebe, oder meine Art stirbt aus) ausgeübt wird, ohne durch andere Maßnahmen dafür zu sorgen, dass sich ein Insekt auf mehrere Bedrohungen einstellen muss, ist der Weg zum Auftreten von Resistenzen nicht weit.
Ebenfalls im Biolandbau zugelassen ist ein Stoff, den man in Chrysanthemenblüten findet, das sogenannte Pyrethrum. In Amerika wurde der Stoff von der EPA schon 1990 als wahrscheinlich krebserregend eingestuft und verboten. Bei der Neubewertung 2004 wurde dann entschieden, dass es zwar Hinweise für eine krebserregende Wirkung gäbe, die Daten aber nicht ausreichen, um das Potenzial beim Menschen abzuschätzen. 2005 wurde dann eine Studie veröffentlicht, die einen gentoxischen Effekt auf die Zellen der menschlichen Nasenschleimhaut nachweisen konnte.
Ich möchte an der Stelle nochmal erwähnen, dass der Einsatz von Pestiziden essenziell ist, wenn wir weiterhin die Nahrungsmittelsicherheit genießen wollen, die uns die Landwirtschaft in den letzten Jahrhunderten nach und nach gegeben hat. Wir erleben heute schon die Rückkehr von Pflanzenkrankheiten, die in Europa eigentlich ausgerottet waren. Zu verdanken haben wir das stellenweise unzureichender Pflanzenschutzmaßnahmen, zu denen eben auch Pestizide gehören. Die dadurch entstehenden Ernteausfälle lassen sich nur kompensieren, indem man mehr Nahrungsmittel aus anderen Ländern importiert. Und was das bedeutet, klären wir jetzt.
Glyphosat in Argentinien
Angesichts dieser beeindruckenden Vielzahl von Pestiziden, ist das Thema, dem wir uns jetzt widmen, um einiges facettenreicher, als es häufig dargestellt wird. Glyphosat soll dafür verantwortlich sein, dass argentinische Mütter häufig missgebildete Kindern zur Welt bringen.
Die Bilder von argentinischen Kindern, die teilweise mit schweren körperlichen Missbildungen, bis hin zu geistigen Behinderungen zur Welt kamen, gingen um die Welt. Sie sind sogar so berühmt, dass das Willy-Brandt-Haus Gastgeber einer Fotostrecke mit dem Titel „Landwirtschaft der Gifte“ wurde, die einzig dazu diente, die Schuld für diese Missbildungen auf Glyphosat zu schieben. Das irritiert mich gleich aus mehreren Gründen. Hauptsächlich deshalb, weil Glyphosat weltweit angewendet wird. Die Fehlbildungen treten aber nur in Argentinien auf. Warum nicht auch im Rest der Welt?
Mein zweites Problem lässt sich relativ klar mit diesem Bild illustrieren.
Im Gegensatz zur präzisen Ausbringung von Pestiziden in Europa, sind in Argentinien solche Flugzeuge noch weit verbreitet, die bei ihrem Flug über den Acker nicht nur diesen in Pestiziden einnebeln, sondern auch die Wohnhäuser und Gemeinden, die direkt am Acker liegen. Aber das weitaus größte Problem ist in den Tanks dieser Flugzeuge versteckt. Nämlich der Pestizidcocktail, der dort hinein gegeben wird.
Selbstverständlich verwenden die Landwirte dort Glyphosat in großen Mengen. Aber abseits davon wird dort auch eine Vielzahl anderer Pestizide zugegeben. Zum Beispiel Paraquat, über das wir oben schon sprachen. Aber mein persönlicher Liebling ist Endosulfan. Ein Insektizid.
Endosulfan ist ein hochgiftiger Stoff, der sich sowohl im menschlichen Körper, als auch in der Umwelt anreichert. Er stellt eine Gefahr für so ziemlich jedes Lebewesen dar, das mit ihm in Berührung kommt. Für kleine Kinder besteht die Gefahr einer akuten Vergiftung durch Endosulfan, allein aufgrund der Rückstände auf dem Gemüse, das sie zu sich nehmen. Da man Endosulfan auch in Muttermilch nachweisen kann (dieses Mal wirklich), besteht hier auch für Babys ein Risiko, chronisch mit Endosulfan in Berührung zu kommen.
Aufgrund dieser Problematik wurde Endosulfan im „Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe“ gelistet und dadurch in weiten Teilen der Welt verboten.
Warum man also angesichts dieser Pestizidcocktails immer wieder darauf beharrt, Glyphosat zum Schuldigen in dieser Frage zu machen, erschließt sich mir allerdings nicht.
Glyphosat und tote Insekten
Wir haben es alle mitbekommen. Das große Insektensterben, belegt durch eine deutsche Studie aus Krefeld. Dort hat man 1989 und 2013 jeweils 2 Insektenfallen im Orbriocher Bruch in Krefeld aufgestellt und die toten Insekten gewogen. Die Masse der Insekten war 2013 um 80% geringer als noch 1989. Daraus wurden dann deutschlandweit die Schlagzeilen gebastelt, dass die Biomasse der Insekten rückläufig sei.
2 Messwerte aus 2 Jahren. Das ist natürlich nichts, was auch nur ansatzweise ausreicht, um daraus irgendeine Schlussfolgerung zu ziehen, ganz zu schweigen davon, die Schlussfolgerung auf ganz Deutschland auszudehnen. Darauf müssen wir nicht weiter eingehen. Nachdem die Debatte um das Insektensterben trotzdem angestoßen wurde, veröffentlichte ein internationales Forscherteam eine weitere Studie, bei der man 63 Fallen von 1989-2016 ausgewertet hat. Man stellte die Fallen in den unterschiedlichsten deutschen Naturschutzgebieten auf (und führte keine Vergleichsmessungen durch), und fand dabei einen Rückgang der Biomasse um 76%. Ist das jetzt der Beleg für’s Insektensterben?
Ja. Nein. Vielleicht. Das Problem ist hier die Messreihe. Wer über Jahre hinweg Messungen durchführt, der hat am Ende jede Menge Messwerte, die man dann relativ frei interpretieren kann. Das zeigt sich besonders im Beginn der Messungen. Hätte man den Messbeginn von 1989 auf 1991 gelegt, wären nicht 76% der Insekten verschwunden, sondern lediglich 30%.
Was man aber sicher sagen kann ist, dass Glyphosat und die Landwirtschaft nicht die Hauptverantwortlichen für das Insektensterben sind.
Betrachten wir nämlich die landwirtschaftliche Nutzfläche in Deutschland, so sehen wir, dass diese über die Jahre hinweg konstant geblieben, bzw. leicht rückläufig ist. Die Insekten sollen allerdings fleißig weitersterben. Einen größeren Anteil hat hier die täglich hektarweise stattfindende Flächenversiegelung, bei der auf Naturflächen Beton gekippt wird, um dort bauen zu können. Aber nicht nur die Betonierung, sondern auch das verschwinden von Komposthaufen, Straßenlöchern, umgestürzten Baumstämmen, Steinbrüchen, also Nischen, in denen Insekten leben können, schaden den Populationen extrem. Schutzmaßnahmen wie Blühstreifen interessieren nur eine geringe Zahl an Insekten. Viele andere fühlen sich erst dort wirklich wohl, wo es die Menschen vor Ekel packt.
Einer der wichtigsten Gründe für das Insektensterben ist allerdings die Lichtverschmutzung. Viele nachtaktive Insekten orientieren sich bei ihren Flügen am Mond. Künstliche Lichtquellen imitieren diesen und sorgen so dafür, dass die Insekten die Lichtquelle bis zur Erschöpfung umkreisen. Die Uni Mainz führte 2000 eine Studie durch, bei der sie berechneten, wie viele Insekten in Deutschland an der nächtlichen Beleuchtung verenden. Das Ergebnis war, dass die Menge von 6.8 Millionen Straßenlaternen in Deutschland, innerhalb von 3 Monaten zum Tod von 98.1 Milliarden Insekten führt.
Das Bienensterben
Kein Text über Glyphosat und tote Insekten, ohne auch die toten Bienen zu betrachten. Zu beginn müssen wir uns klar machen, dass die Honigbiene nicht vom Aussterben bedroht ist (Anzahl der Bienenvölker in Deutschland). Das liegt einfach daran, dass Honigbienen genau so hochgezüchtete Nutztiere sind, wie Rinder, Schweine oder Hühner. Nach einem Einbruch der Bienenbevölkerung bis 2008, erholen sich die Populationen konstant, was auf die Vielzahl an Imkern zurückzuführen ist, die sich deutschlandweit um die Völker kümmern.
Was für die Honigbienen ein Segen ist, ist für Wildbienen der Horror. Denn diese sind es, die reihenweise sterben. Von den rund 600 deutschen Wildbienenarten sind 50 bereits ausgestorben und 50% vom Aussterben bedroht. Durch die schiere Menge an Honigbienen und die gezüchtete Effizienz in der Aufspürung und Plünderung von Pollen- und Nektarquellen bleibt für Wildbienen, die in kleineren oder gar keinen Kolonien leben, meistens kaum noch Nahrung übrig. Und wenn doch, dann muss man sich diese erstmal gegen den Widerstand der Honigbienen erkämpfen. Problematisch ist das nicht nur für Wildbienen, sondern auch für Pflanzen die auf Bestäubung von Wildbienen angewiesen sind. Tomaten beispielsweise, werden von Hummeln (ebenfalls Wildbienen) bestäubt.
Das Verschwinden der Honigbiene aus gewissen Gebieten ist derweil nicht mal schädlich, sondern für die Wildbienen und die Fauna ein regelrechter Segen. Denn wo die Honigbiene verschwindet, können Wildbienen ihr Gebiet zurückerobern.
Zusätzlich dazu gelten für das Bienensterben natürlich die gleichen Gründe wie für das Insektensterben allgemein. Ein weiterer wichtiger Faktor, der ebenfalls hinzukommt, ist allerdings die Varroamilbe. An der Stelle verweise ich an einen Beitrag, den ich diesem Schädling gewidmet habe. Die Varroamilbe nistet sich auf Bienen ein und schwächt diese während ihrer Verpuppung, sodass die geschlüpften Bienen kleiner und schwächer sind, und häufig den Weg zurück in den Bienenstock nicht überleben.
Und zum Abschluss noch ein kleines Schmankerl: Glyphosat ist eines der wenigen Pestizide, das Bienen überhaupt nicht schädigt.
Aber keine Sorge. Die Pestizide, die nach einem Verbot von Glyphosat verwendet werden, dürften dann in Zukunft definitiv zum Bienensterben beitragen.
Die Medien
Wenn Glyphosat so harmlos ist, wieso wurde dann in den Medien fast ausschließlich negativ darüber berichtet? Tja, die Antwort auf diese Frage habe ich auch nicht. Ich habe nur mitbekommen, dass viele Zeitungen ihre Beiträge zum Großteil voneinander abschreiben. Beim Rest sind dann nur in seltenen Fällen wirklich Wissenschaftsredakteure für den Inhalt verantwortlich (die schreiben nämlich richtig gute Aritkel), denn ein Thema gehört der Wissenschaftsredaktion nur so lange, bis es in der breiten Bevölkerung diskutiert wird. Dann gehört es schlagartig der ganzen Zeitung und jeder Redakteur darf seinen Senf dazugeben. Das ist natürlich erstmal kein Problem. Auch fachfremde Redakteure können hervorragende Artikel abliefern. Aber die Wahrscheinlichkeit ist halt geringer.
Versteht mich nicht falsch, das soll nicht in Medienbashing ausarten, aber die Berichterstattung über Glyphosat war zum Großteil erschreckend falsch und unwissenschaftlich. Skandale, die keine waren, wurden aufgeblasen, während die echten Skandale ignoriert wurden. Es wurden Interessenvertreter und NGOs Interviewt, die allesamt ausgiebig daran arbeiten durften, Glyphosat in einem schlechten Licht darzustellen, während von vielen Wissenschaftlern nur eisiges Schweigen zu erwarten war und das BfR auf verlorenem Posten stand, als es versuchte, über Glyphosat aufzuklären. Aber das sind wir ja gewohnt.
Glyphosat und seine Tenside
Während Europa seit knapp 3 Jahren über die Frage streitet, ob Glyphosat Krebs erzeugt und wie es sich im Körper verhält, gehen die Zusatzstoffe, die sich je nach glyphosathaltigem Präparat unterscheiden, ziemlich unter. Denn während Glyphosat ja ziemlich gut erforscht ist, sind es die Zusatzstoffe, die eigentlich eine Untersuchung wert wären. Dementsprechend sollten also eher die Tenside in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken. Tenside sind Stoffe die in der Industrie vielseitig eingesetzt werden. In Waschmitteln finden sie z.B. so großflächigen Einsatz, dass es schon 1964 eine gesetzliche Verordnung gibt, die bestimmt, dass solche Tenside zu mindestens 80% biologisch abbaubar sein müssen. Auch in der Lebensmittelindustrie gibt es Tenside, die für den Körper verträglich sind und zum Beispiel eingesetzt werden, wenn fette Stoffe in Flüssigkeiten gelöst werden sollen (z.B. Kakaopulver in Milch). In Herbiziden dienen Tenside dazu, die Aufnahme des eigentlichen Wirkstoffs in die Pflanze zu verbessern. Trotzdem beschränkte sich der Aufstand bisher gegen den Wirkstoff Glyphosat, allerdings nicht gegen die beigesetzten Tenside. Aber seien wir ehrlich, ein Tensid mit dem Namen „Talgfettaminoxethylat“ eignet sich halt wirklich nicht so gut als Kampfbegriff wie Glyphosat. Dabei ist dieses Tensid, das wir ab jetzt nur noch als Talgamin bezeichnen werden, quasi DAS Mittel der Wahl – zumindest für Roundup. Jetzt gibt es da allerdings einige gewaltige Probleme in Bezug auf die Umweltverträglichkeit dieser Stoffe. Man hat zum Beispiel nachgewiesen, dass solche Talgamine die Atmungsmembran von Wasserorganismen zerstören können.
Unser alter Bekannter, Séralini, hat auch eine Studie zu dem Thema verfasst. Darin wollte er nachweisen, dass Glyphosat und die Tenside eine nekrotische Wirkung auf Embryonen und Placentazellen haben. Gelungen ist ihm nur der Nachweis, dass Tenside giftiger sind, als das Glyphosat selbst und das ist bei weitem keine neue Information. Erst „neulich“, also 2004, kam ein Review zu der Erkenntnis, dass die beigesetzten Tenside giftiger sind, als das eigentliche Glyphosat (eine ähnliche Info deutet sich schon in dem Textabschnitt über Glyphosat in Tieren an, bei denen die letale Dosis bei Roundup geringer ist, als beim eigentlichen Glyphosat).
Die Sichtweise auf Tenside ändert sich allerdings mittlerweile. Im Februar 2016 hat die französische Umweltministerin Ségolène Royal, das französische Institut für Lebensmittelsicherheit, Umweltschutz und Arbeitsschutz aufgefordert, eine Neubewertung für glyphosathaltige Präparate anhand der beigesetzten Tenside vorzunehmen.
Nun könnte man angesichts der Prozesse, die gegen Bayer (ehemals Monsanto) geführt werden, natürlich die Frage stellen, ob die Krebsfälle, die bei einigen Glyphosat-Nutzern auftraten, nicht auf die Verwendung von Roundup und anderen Präparaten zurückzuführen sind, also ob die Zusatzstoffe dort Krebs verursachen, wo Glyphosat selbst harmlos gewesen wäre.
Gegen diese Idee spricht die weiter oben erwähnte Agricultural Health Study, die 50.000 Landwirte auf ihren Pestizideinsatz und ihre Gesundheit untersucht hat. Dort hat die Mehrzahl der Landwirte nicht pures Glyphosat, sondern glyphosathaltige Präparate verwendet, was sich aber nicht in einem Anstieg der Krebszahlen niederschlägt.
Das Ergebnis reiht sich dabei in vorangegangen Studien zum Thema Tenside und Glyphosat ein. Ein Review kam im Jahr 2000 bereits zu dem Schluss, dass die Aufnahme von Talgfettaminoxethylat das Krebsrisiko nicht erhöht, es allerdings zur akuten Toxizität von Glyphosat beiträgt. Talgfettaminoxethylat stellt allerdings, wie weiter oben beschrieben, eine Gefahr für Wasserorganismen dar, weshalb die Ausbringung von Roundup in Gewässernähe mit großer Vorsicht erfolgen muss.
Aber Roundup ist natürlich nur eines der vielen Präparate, die Glyphosat enthalten. Für viele Tenside, die anderen Pärparaten zugesetzt sind, ist die Studienlage noch nicht so umfassend, wie für Talgfettaminoxethylat
Verbraucherschutz und Fazit
Die Debatte über Glyphosat war vom ersten Moment an ideologisch verblendet. Aber so richtig vergiftet wurde die Debatte Ende 2015, als die Meldung „Glyphosat ist krebserregend!“ durch alle Medien ging. Von da an war die Debatte um Glyphosat für die nächste Zeit nur noch von einer Ablehnung aufgrund der Angst vor Krebs geprägt. Dabei führte man die Diskussion über Glyphosat in erster Linie durch die Linse des Verbraucherschutzes. Kaum wurde irgendwo Glyphosat in lachhaft geringen Mengen gefunden, lief sofort die Berichterstattung heiß und man stilisierte ein Molekül pro Gramm Wasser zu einer Gefahr der nationalen Gesundheit hoch. Aber darin sind wir ohnehin groß. Wir erfinden Bedrohungen, die eigentlich keine sind. Wenn man sie nicht sehen oder schmecken kann, umso besser. Dann ist es nämlich die unbekannte Gefahr, vor der wir geschützt werden müssen. Wenn man dann noch das Feindbild bedient (der ungebildete, böse Landwirt, der als Marionette eines großen Konzerns agiert, der uns aus Profitgeilheit vergiftet), dann ist der Job schon fast gemacht. Jetzt muss man nur noch die Lösung anbieten und darf bloß keinen Gedanken daran verschwenden, dass die Alternativen zur vermeintlichen Lösung noch schlimmer sind. Glyphosat verbieten? Okay, das wird keines der Probleme lösen, über die wir sprachen. Dann kommen gefährlichere Pestizide zum Einsatz, die Insekten und Menschen erst recht schaden. Und selbst der Pflug tötet das gesamte Bodenleben bis hin zu den Mikroorganismen und sorgt für resistente Unkräuter auf dem Acker. Von der mangelnden Fähigkeit des gepflügten Ackers, Nährstoffe und Wasser zu halten, ganz zu schweigen. Die Insekten und Bienen sterben munter weiter und in 2 Monaten ist Glyphosat dann vergessen und die nächste Sau wird durch’s Dorf gejagt.
Man kann sich gerne für eine andere Landwirtschaft einsetzen. Dann sollte man allerdings auch so ehrlich sein und jede landwirtschaftliche Praxis auf den Prüfstand stellen. Egal ob Bio-Pestizide, Monokulturen oder Gentechnik. Jede Methode sollte auf ihre Vor- und Nachteile hin untersucht werden, um nur die zuzulassen, die effektiv sind und die zu vergessen, die veraltet sind. Wenn wir wirklich eine bessere, nachhaltigere Landwirtschaft wollen, müssen wir eine Debatte beginnen, bei der wir die Bauern ins Boot holen, uns von romantischen Vorstellungen einer analogen Landwirtschaft, die ohne Einsatz von Pestiziden auskommt, verabschieden und jede mögliche landwirtschaftliche Praktik auf den Prüfstand stellen, um eine Agrarwirtschaft zu bekommen, die zum einen in der Lage ist, die immer weiter wachsende Bevölkerung zu ernähren, aber auch möglichst wenig Auswirkungen auf die Natur hat.
Wenn es um die Profiteure dieser Berichterstattung über Glyphosat geht, will ich es mal kurz machen. Die Organisationen, die gegen Glyphosat vorgehen, interessieren sich einen Scheiß für Verbraucherschutz. Es geht schlicht und ergreifend um einen Sündenbock, der möglichst medienwirksam hingerichtet werden soll, nur damit man am Ende einige Wählerstimmen, Spendengelder oder Mitglieder bekommt. Das einzige was hier für den Verbraucherschutz getan wird, ist das Verbot eines Mittels, das vielleicht ein bisschen Schädlich ist, im Austausch für dutzende Mittel, die definitiv schädlich sind. Und ich weiß wirklich nicht, was erschreckender ist. Die Wissenschaftsfeindlichkeit, die in solchen Debatten herrscht? Die Bereitschaft von großen Teilen der Bevölkerung, sich in dieser Debatte vor den grünen Karren spannen zu lassen? Oder vielleicht die Tatsache, dass es grüne Organisationen gibt, die so einfach ihre Lobbytätigkeit ausleben können und trotzdem bei der Bevölkerung und insbesondere bei großen Teilen der Journalisten noch als die „Guten“ dastehen?
Für mich persönlich wäre eine erneute Zulassung von Glyphosat als Herbizid nur der logische und ungefährliche Schritt. Ich habe in diesem Text versucht aufzuzeigen, wie ungefährlich Glyphosat im Vergleich zu seinen Alternativen ist und welche Stoffe eigentlich eine Untersuchung benötigen würden. Glyphosat ist nur in absurd hohen Mengen toxisch, es reichert sich nicht im Boden an, wird vom Körper nur in geringsten Mengen absorbiert und wieder ausgeschieden, es schadet weder Vögeln, noch Insekten, Monsanto verdient kaum etwas daran und wenn Glyphosat verantwortungsbewusst auf den Feldern ausgebracht wird, haben wir auf lange Sicht ein ziemlich wirksames und umweltverträgliches Herbizid – vorausgesetzt, die EU hat keinen Totalaussetzer und verweigert Glyphosat die Zulassung.
Natürlich habe ich nicht nur die Quellen verwendet, die im Text angegeben sind. Da ich mittlerweile bei einigen Berichten gar nicht mehr weiß, welche Quelle ich wofür verwendet habe, gibt es hier noch sämtliche weiteren Quellen zum Nachlesen (allerdings nicht nach Themengebiet sortiert. Sorry):
Umweltinstitut wirft Behörden bei Glyphosat „Fälschung“ vor
Glyphosat und Krebs – welche Studie stimmt denn nun?
WHO-Forscher stufen Glyphosat als nicht krebserregend ein
Glyphosat: die Hintergründe zum Expertenstreit
Schwer im kommen: Die grüne Umwelt-Scharia
Does Monsanto’s Roundup Herbicide cause cancer or Not? The Controversy, explained
Was für ein Glyphosat-Verbot spricht – und was dagegen
Riesen-Übernahme: Bayer will Monsanto
Glyphosat und die postmodernen Narzissten
Wer industriekritisch sein will, muss nicht allen Fortschritt verhindern
Glyphosat und die WHO: Erst ‘Hü’, dann ‘Hott’? Warum der Widerspruch gar kein Widerspruch ist
Faktencheck: BUND, Glyphosat und tote Babys
RE: Was an der Gentechnik schlecht ist
Glyphosat: Der Stellvertreterkrieg
Die Gentechnik-Sicherheitsdebatte ist vorbei
Krieg im Garten: Schneckenkorn – Pflanzenschutzmittel oder Kampfstoff?
Eindrucksvoll!
Wer keine Ahnung hat und aus Prinzip dagegen ist, den wird leider auch dieser ausführliche Bericht nicht umstimmen können.-Leider!
Diejenigen aber, die schon mal mit der Handhacke(tagelang bei größter Hitze)Unkraut gehackt haben, waren und sind dankbar, dass Glyposat gekommen ist!
Danke für die ausführliche Erklärung!
Eine kleine Anmerkung u folgendem Satz:
„Beim Weinanbau könnte zum Beispiel der Wirkstoff in Form von Granulat ausgebracht werden und das Unkraut vernichten, ohne die Pflanze zu beeinträchtigen.“
Der Satz suggeriert, man könnte feststöffliches Glyphosat ausstreuen. Und in der Tat gibt es Glyphosatformulierungen in Form von Granulat. Diese sind allerdings in Wasser aufzulösen und wie auch flüssige Glyphosatformulierungen zu verwenden. Schließlich kommt es darauf an, dass die Blattoberfläche des Unkrauts mit Glyphsat benetzt wird. Ein am Boden liegendenes Gyphosatgranulat-Körnchen, das von Regen oder Tau aufgelöst wird, wäre weitgehend wirkunslos, weil der Wirkstoff – wie im Text richtig erklärt – eben nicht über die Wurzel aufgenommen wird.
Vielen Dank für die Aufklärung!
Ich muss den Satz bei Gelegenheit ein wenig präzisieren
Diesen Wahnsinns-Artikel habe ich auch nach 1 1/2 Jahren noch in Erinnerung und ihn gerade in einer neu aufflammenden Diskussion nach der gerade erfolgten Zulassungs-Verlängerung (mich erleichtert sie!) verlinkt :).
Danke noch einmal für die Riesenarbeit….auch wenn ich kaum zu hoffen wage, dass er auch in seiner Gänze gelesen wird…
Ich danke dir für das Lob 😀
Mich freut die erneute Zulassung auch, obwohl der Kompromiss keiner hätte sein müssen, wenn in der Politik Fakten irgendeinen Wert besäßen.
Wenn du mal wieder in so eine Diskussion verwickelt wirst, sag ruhig bescheid, ich mische mich liebend gerne ein und helfe mit den entsprechenden Fakten aus
Sehr Interessanter Text. Leider ist das erste Bild sehr unglücklich gewählt. Die unterschrift lautet:“ Sieht so die Zukunft aus? Glyphosat vs. Öko?“ und auf der Glyphosatseite ist ein gepflügter Acker zu sehen. Dabei reduzeirt doch der Pflug den Glyphosat einsatz. Eine Mulchsaat oder Direktsaat wäre besser geeignet.
Richtig, ein anderes Bild wäre faktisch definitiv korrekt, allerdings ist das gewählte Bild als Metapher gedacht. Der „pflanzlose“ Acker im Gegensatz zum grünen Feld soll für die augenscheinliche Opposition von „konventioneller Landwirtschaft“ zur viel gerühmten „Bio-Landwirtschaft“ stehen
Sehr gute Zusammenstellung !!!
In der ganzen Glyphosat-Diskussion fehlt in meinen Augen stark die Nennung von Alternativen. Und nicht nur alternative Chemikalien. Sondern eine andere Alternative: Roboter zum Unkraut hacken verwenden:
https://www.badische-bauern-zeitung.de/wenn-der-roboter-unkraut-hacken-geht
https://www.wired.de/collection/tech/dieser-agrarroboter-kann-gezielt-unkraut-zerstampfen
Dürfte wohl langfristig die beste Alternative sein.
(Nachbargemeinde hatte eine Eigenwasserversorgung, jedoch sind die Rückstände von Pflanzenschutzmitteln inzwischen so hoch, dass das Eigenwasser mit Fremdwasser im Verhältnis 1:13 gemischt werden musste. Daher wird jetzt die Eigenwasserversorgung aufgegeben, da es sich nicht mehr lohnt – Kosten aktuell 3,75€/cbm (hohe Fixkosten, früher 80.000 cbm/a gefördert, zuletzt nur noch 8.000 cbm/a))
Diese Roboter sind allerdings bestenfalls Zukunftsmusik. Ob es überhaupt dazu kommt, dass ein Roboter auf dem freien Feld Unkraut ernten wird, ist fraglich, denn ob sie halten was die Werbevideos versprechen, müssen Untersuchungen noch zeigen. Ich vermute aber, dass diese Roboter (und viel wichtiger, die Energie die sie benötigen, Wartungsarbeiten oder Defekte) auf Dauer nicht gerade billig sind.
Von diversen Problemen wie z.B. Insektenbefall, schlechtem Wetter oder unebenem Gelände ganz abgesehen.
Meine liebste Zukunft für die Landwirtschaft wäre es, sie von den Feldern zu holen und in die Städte zu bringen. Aber dazu werde ich auch noch was schreiben, denn zum Teil ist das heute schon möglich
Was mich interessieren würde: Was ist mit den Auswirkungen, die Glyphosat auf das Leben der Bakterien hat. Bakterien sind in jedem lebenden Organismus ein wichtiger und lebensnotwendiger Bestandteil, wie man z.B. an unserer Darmflora erkennen kann. Haben wir keine guten Bakterien mehr im Darm oder eben auch die falschen, können wir nicht überleben. Ist dies nicht auch der Grund, warum in der Arte Dokumentation die Rinder, die mit Glyphosat-haltigem Futter gefüttert wurden, verendeten, da ihre Verdauungstätigkeit so stark und nachhaltig gestört wurde. Es mag ja sein, daß Glyphosat an sich für Säuger nicht giftig ist, aber eben für deren in Symbiose lebenden Baktierien.
Es konnte kein Nachweis dafür erbracht werden, dass die Rinder tatsächlich an Glyphosat gestorben sind. Gegen diese Idee spricht auch, dass das Rindersterben nicht Deutschland- bzw. Europaweit in großem Stil auftritt, obwohl Pflanzen, die auf Ackern gezüchtet wurden, auf denen Glyphosat ausgebracht wird, überall in ähnlichen Mengen verfüttert werden.
Dazu müssen wir außerdem über die aufgenommenen Mengen reden. Diese liegen gerade so oberhalb der Nachweisgrenze, die Mengen sind so gering, dass die Bakterien, die dadurch an der Synthese von aromatischen Aminosäuren gehindert werden und infolge dessen sterben sollten, so wenige sind, dass man sie sowohl im Vergleich mit natürlich sterbenden Bakterien, als auch im Vergleich mit den zahllosen Bakterien die durch die unzähligen (zumeist natürlichen) Giftstoffe sterben, vernachlässigen kann
Wie sind diese Forschungsergebnisse zu werten ?
https://www.beauftragter-sicherheit.uni-mainz.de/files/2016/08/Risiko-Glyphosat.pdf
Ah, eine Powerpointpräsentation von Monika Krüger. Das war die Dame, die Botulismus bei Rindern mit Glyphosat in Verbindung gebracht hat, aber nie erklären konnte, warum diese Fälle nur auf ein paar Höfen auftauchen, obwohl Glyphosat deutschlandweit eingesetzt wird.
Die Präsentation an sich ist schwierig bis gar nicht zu bewerten, weil bei so ziemlich jeder Tabelle eine Erklärung fehlt, woher die Daten kommen und wie sie erhoben wurden. Gleiches gilt für die Fotos.
Einige Punkte verstehe ich auch gar nicht. Zum Beispiel die Liste der „Bakterien mit hoher Glyphosattoleranz“, in der ein paar ziemlich fiese Krankheitserreger aufgeführt werden. Nur was das aussagen soll, erschließt sich mir nicht. Dass Glyphosat diese Bakterien nicht tötet?
Natürlich lässt sie auch in der Präsentation den Zusammenhang zwischen Glyphosat und Botulismus nicht aus und erzählt, Glyphosat hemmt Enterokokken, die
Antagonisten von C. botulinum, verschweigt aber, dass Enterokokken bei immungeschwächten Patienten ziemlich fiese Krankheiten auslösen können und jeder Quadratmeter Boden mit beiden Bakterien belastet ist.
Ansonsten verbringt die Präsentation viel Zeit mit dem Nachweis von Glyphosat im Urin von allen möglichen Lebewesen. Aber auch hier kein Wort zur Menge von Glyphosat, die so unglaublich gering ist, dass sie keine nennenswerte Rolle im Organismus spielt. Würde sie den Urin von Mensch und Tier einfach mal auf alle Stoffe untersuchen, die ihr so in den Sinn kommen, würde sie auch Mengen von Uran und Arsen finden, die um einiges gefährlicher sind, als Glyphosat.
Dann bezieht sie sich auf Studien in denen Missbildungen gefunden wurden und in denen man genau die Fehler begangen hat, die ich in dem Text auch angeprangert habe. So wurden z.B. die Embryonen von Fröschen direkt mit Glyphosat „geimpft“, und am Ende hat man Missbildungen entdeckt. Das hätte man allerdings auch bei jeder anderen Injektion in den Fötus erreicht, egal ob mit Benzin, Glyphosat oder Tomatenmark.
Monika Krüger wird nicht müde zu erklären, dass Glyphosat Spurenelemente bindet, Mikroorganismen tötet, bei Tieren Nährstoffmängel auslöst und bei Lebewesen Fehlbildungen verursachen kann. Aber eine Erklärung bleibt sie bis heute schuldig: Wenn dem so wäre, wieso sind ihre Funde dann lokal auf eine handvoll Höfe begrenzt, obwohl Glyphosat weltweit Anwendung findet? Wenn an ihren Behauptungen etwas dran wäre, müssten solche Fälle flächendeckend in jedem Land auftreten, in dem Glyphosat genutzt wird.
Das passt auch allgemein ins Bild von Monika Krüger, die mit ihrer Forschung international auf verlorenem Posten steht. Quasi kein anderer Wissenschaftler teilt ihre Ansicht und jede große Studie über Glyphosat widerspricht ihren Ergebnissen vehement.
bin noch nicht durch, aber danke vielmals
Welche wissenschaftliche Qualifikation haben sie, um solche Texte zu schreiben?
Der im Artikel beschriebene Gilles-Éric Séralini ist studierter Molekularbiologe. und hat nach seiner verpfuschten Studie einen Job bei einem Hersteller von Globuli gegen Glyphosat gefunden. Stefan Lanka ist ebenfalls Molekularbiologe und leugnet die Existenz von Masernviren. Ein wissenschaftlicher Titel sagt wenig über die Qualifikation aus. Deshalb führe ich in dem Artikel über 100 Quellen für die Aussagen an, die ich tätige. Die sind entweder richtig oder falsch. Unabhängig von meiner Qualifikation.